Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3104 VV RVG; § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO; § 173 S. 1 VwGO

Leitsatz

  1. Eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind (Nr. 3104 VV i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV), entsteht unabhängig davon, ob im gerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
  2. Zu den Voraussetzungen einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung.
  3. Dass das tatsächliche Vorliegen dieser Voraussetzungen zwischen den Beteiligten streitig ist, hindert die Festsetzung der Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht. Ausreichend ist insoweit die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen (hier: hinreichende Glaubhaftmachung verneint).

OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 28.10.2021 – 7 E 10100/21

I. Sachverhalt

Die Antragstellerin hatte – vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten – vor dem AG Neustadt (Weinstraße) ein Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes betrieben. Ihr Prozessbevollmächtigter führte während dieses Verfahrens zwei Telefongespräche mit einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin. Der Inhalt dieser Gespräche war zwischen den Beteiligten streitig. Das Eilverfahren endete mit einer der Antragstellerin günstigen Kostengrundentscheidung, aufgrund: welcher sie – soweit hier von Interesse – die Festsetzung einer Terminsgebühr begehrt hat. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des VG Neustadt (Weinstraße) hat den Antrag auf Festsetzung der Terminsgebühr zurückgewiesen. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) hatte vor dem VG Neustadt (Weinstraße) keinen Erfolg. Die dagegen von der Antragstellerin erhobene Beschwerde hat das OVG Rheinland-Pfalz zurückgewiesen.

II. Terminsgebühr für Besprechungen

1. Gesetzliche Regelung

Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV entsteht die Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Ausgenommen hiervon sind lediglich Besprechungen mit dem Auftraggeber. In Betracht kam hier bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.

2. Anfall der Terminsgebühr

a) Ausgangspunkt

Das OVG Rheinland-Pfalz hat darauf hingewiesen, dass die Terminsgebühr für Besprechungen unabhängig davon anfallen kann, ob in dem betreffenden gerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht (s. OVG NRW RVGreport 2014, 393 [Hansens] = AGS 2014, 392).

b) Besprechung

Nach den weiteren Ausführungen des OVG Rheinland-Pfalz setzt eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung als mündlicher Austausch von Erklärungen die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Verweigere der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, komme eine Besprechung schon im Ansatz nicht zustande (s. BGH RVGreport 2007, 68 [Hansens] = AGS 2007, 129 = zfs 2007, 285 m. Anm. Hansens; BVerwG RVGreport 2018, 455 [Ders.] = AGS 2018, 493 = zfs 2018, 703 m. Anm. Hansens).

Der Gegner müsse sich also auf das Gespräch einlassen, indem er die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Vorschläge zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennehme. Ferner hat das OVG Rheinland-Pfalz darauf hingewiesen, dass die Besprechung nicht notwendig kausal für die Erledigung des Verfahrens gewesen sein muss und diese Besprechung auch nicht erfolgreich gewesen sein muss.

c) Glaubhaftmachung

Die Festsetzung einer Terminsgebühr für Besprechungen im Kostenfestsetzungsverfahren erfordert – so fährt das OVG Rheinland-Pfalz fort – nicht, dass das tatsächliche Vorliegen dieser Voraussetzungen zwischen den Parteien unstreitig ist. Sei es umstritten, genüge insoweit gem. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen (OVG Lüneburg AGS 2011, 176).

3. Die Umstände im Fall des OVG Rheinland-Pfalz

a) Darstellung der Antragstellerin

Die Antragstellerin hatte im Kostenfestsetzungsverfahren vorgetragen, ihr Prozessbevollmächtigter habe mit einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin auf deren Initiative zweimal telefoniert. Dabei sei über die Rücknahme des Widerspruchs durch die Antragstellerin gesprochen worden. Ergebnis der Telefongespräche sei es gewesen, dass der Widerspruch von beiden Seiten als weiterhin existent angesehen werden sollte. Die Antragstellerin hat weiter vorgetragen, ihr Rechtsanwalt habe auch versucht, die Antragsgegnerin davon zu überzeugen, die Umsetzung der Antragstellerin nicht durchzuführen bzw. die Entscheidung über ihren Widerspruch abzuwarten. Es sei wohl Ziel der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin gewesen, dass er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurücknehme, worüber auch gesprochen worden sei.

b) Darstellung der Antragsgegnerin

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin im Kostenfestsetzungsverfahren vorgebracht, in dem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin sei es au...

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