Die Entscheidung des OVG Lüneburg liegt auf der Linie der Rspr.
1. Nur gesetzliche Vergütung erstattungsfähig
Auch wenn § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO hinsichtlich des dort eingefügten Wortes "gesetzlichen" von der hier einschlägigen Bestimmung des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO abweicht, entspricht es allgemeiner Auffassung, dass nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei erstattungsfähig sind. Hierunter sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach dem RVG zu verstehen. Dies hat zur Folge, dass eine mit dem Rechtsanwalt vereinbarte höhere Vergütung nur i.H.d. gesetzlichen Gebühren und Auslagen erstattungsfähig ist (BGH AGS 2015, 541 = RVGreport 2015, 384 [Hansens] = zfs 2015, 585; BGH AGS 2015, 152 = RVGreport 2015, 111 [Hansens] = zfs 2015, 165 m. Anm. Hansens; Bay. VGH BayVBl 2014, 661; OVG Berlin-Brandenburg AGS 2023, 120 [Hansens]; KG AGS 2015, 490 für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch; FG Hamburg AGS 2017, 590; so schon früher auch OVG Lüneburg NJW 2004, 699; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 91 ZPO Rn 13.45). Dabei betrifft die von dem Kommentator herangezogene Entscheidung des BGH (AGS 2018, 165 m. Anm. Schons = RVGreport 2018, 218 [Hansens]) allerdings nicht die Kostenerstattung, sondern das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und seinem Rechtsanwalt.
Da hier der UdG des VG Osnabrück in seinem Kostenfestsetzungsbeschl. v. 18.10.2022 bereits die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers festgesetzt hatte, gab es für die Festsetzung der auf einer Vergütungsvereinbarung beruhenden darüber hinausgehenden Vergütung keine gesetzliche Grundlage.
2. Keine Ausnahme
Etwas unglücklich finde ich die Erwägungen des OVG Lüneburg zu den Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit einer über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinausgehenden vereinbarten Vergütung. Soweit ersichtlich, hat sich die Rspr. mit einem solchen Sachverhalt, der ausnahmsweise die Erstattungsfähigkeit einer die gesetzlichen Gebühren und Auslagen übersteigenden vereinbarten Vergütung bejaht hat, noch nicht befasst. Deshalb war es nach meiner Auffassung unnötig, dass das OVG Lüneburg sich mit den Voraussetzungen dafür befasst hat, nach denen die Erstattungsfähigkeit einer vereinbarten Vergütung ausnahmsweise doch einmal in Betracht kommen könnte. Diese Argumentation wird dem OVG Lüneburg vielleicht einmal "auf die Füße fallen", wenn ein erstattungsberechtigter Beteiligter das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles geltend macht. Dann wird das OVG Farbe bekennen müssen, ob entgegen der allgemeinen Auffassung in Rspr. und Lit. doch einmal ein Erstattungsanspruch bestehen kann, der über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts hinausgeht.
Für seine Auffassung hat sich das OVG Lüneburg, ohne dies zu zitieren, auf die Rspr. des BGH NJW 2003, 3693, 3697 f. bezogen, wonach in Ausnahmefällen im Rahmen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausnahmsweise höhere Aufwendungen aus einer Honorarvereinbarung zu erstatten sind, wenn der Geschädigte auch diese Aufwendungen wegen der besonderen Lage des Falles für erforderlich und zweckmäßig halten durfte. Als Beispiel hat der BGH auf den Fall verwiesen, dass ein geeigneter Rechtsanwalt zu den gesetzlichen Gebühren und Auslagen zur Vertretung nicht bereit gewesen wäre oder ein erforderlicher spezialisierter Anwalt zu den gesetzlichen Gebühren und Auslagen nicht gefunden werden konnte (s. BGH BGHZ 144, 343, 346 = AGS 2000, 191).
Diese vom BGH nur für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aufgestellten Grundsätze gelten nach der Rspr. des BGH für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO – und damit auch für den nach § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO – nicht (BGH NJW 2015, 633 = AGS 2015, 152). Das OVG Lüneburg hat somit die nur für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch entwickelten Grundsätze ohne Not auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen, obwohl nach allgemeiner Auffassung in Rspr. und Lit. nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts i.H.d. Regelsätze des RVG zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt diese Sätze übersteigendes Honorar.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 1/2024, S. 33 - 35