Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 839 BGB, Art. 34 GG, und zwar, weil weder eine Pflichtverletzung vorliegt (dazu 1.) noch dem Kläger ein Schaden entstanden ist (dazu 2.).
1. Pflichtverletzung
Nach § 839 BGB, Art. 34 GG hafte der Dienstherr eines Beamten für Schäden, die dieser durch schuldhafte Verletzung einer Amtspflicht verursacht. Es fehle hier aber bereits an der tatbestandlich erforderlichen Verletzung einer Amtspflicht. Zwar sei es richtig, dass grds. die Beamten der Geschäftsstelle dafür Sorge zu tragen haben, dass den Verfahrensbeteiligten die Abladungsnachricht so rechtzeitig zugehe, dass sie davon noch vor der Anreise zum Termin Kenntnis nehmen können (OLG Dresden, Urt. v. 18.4.2018 – 1 U 1509/17, AGS 2028, 356; LG Stuttgart NJW-RR 1989, 190; LG Hannover Nds. Rpfl. 1993, 192).
Das sei vorliegend aber geschehen. Dabei sei, so das LG, zunächst festzuhalten, dass die Terminsaufhebung ohne Verzögerungen beschlossen worden sei. Die Information, dass der Termin mangels wirksamer Zustellung nicht wahrgenommen werden könne, habe vom 10.1.2022, 15.30 Uhr, gestammt. Der richterliche Beschl. stamme v. 11.1.2022 und sei dem Klägervertreter unstreitig um 10.39 Uhr zugestellt worden. Demnach sei eine frühere Information des Klägervertreters nicht möglich gewesen.
Eine Amtspflichtverletzung der Beamten des Beklagten ergebe sich auch nicht daraus, dass der Klägervertreter nicht telefonisch über die Terminsaufhebung informiert worden sei. Denn dies sei nicht geboten gewesen. Vielmehr hätten die Beschäftigten der Geschäftsstelle des ArbG ohne Weiteres darauf vertrauen können, dass den Klägervertreter die Nachricht von der Aufhebung des Termins unverzüglich, jedenfalls aber rechtzeitig erreiche. Wie der Beklagte zutreffend ausführe, handele es sich bei dem Versand mittels beA um die schnellstmögliche Übermittlungsmethode, und zwar sogar unabhängig davon, ob der Klägervertreter in der Kanzlei weile oder nicht. Denn das beA sei auch mobil abrufbar und über eingehende Nachrichten könne das beA bei Aktivierung dieser Funktion unmittelbar einen beliebigen E-Mail-Adressaten informieren.
Die Beschäftigten des Beklagten hätten nicht damit rechnen müssen, dass der Klägervertreter für einen Termin am 12.1.2022 um 15.15 Uhr bereits am Vortag um 9.00 Uhr morgens abreise und außerdem die gesamte Kanzlei ab diesem Zeitpunkt verwaist sei und überdies der Klägervertreter für den Empfang einer mittels beA übermittelten Nachricht nicht gesorgt habe. Auch wenn die Distanz Lübeck–München nahezu durch die gesamte Republik führe, sei es bereits fernliegend anzunehmen, der Klägervertreter für einen Termin um 15.15 Uhr bereits am Vortag um 9.00 Uhr abreisen. Naheliegend wäre gewesen, dass der Klägervertreter eine Flugverbindung vom nahegelegenen Hamburg nach München am Terminstag gewählt habe. Alternativ wäre zu erwarten gewesen, dass er eine Zugverbindung von Lübeck nach München wählt, die für ihn eine Abfahrt gegen 7.00 Uhr am Terminstag bedeutet hätte (hierauf hatte das Gericht hingewiesen). Selbst im Falle der Nutzung des eigenen Pkw wäre nicht zu erwarten gewesen, dass der Klägervertreter am Morgen des Vortages aufbricht. Ebenso wenig sei für die Geschäftsstelle absehbar gewesen, dass die Kanzlei des Klägervertreters in dieser Zeit gänzlich verwaist gewesen sei und weder eine Kanzleikraft noch er selbst (über einen mobilen Zugang) von eingehenden beA-Nachrichten Kenntnis erhalten habe.
Die vom Kläger angeführte Entscheidung des OLG Dresden (a.a.O.) steht diesem Ergebnis nach Auffassung des LG nicht entgegen. Die Entscheidung stamme aus einer Zeit vor Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches. Das Gericht habe entschieden, dass bei einer drei Tage vor dem Termin auf dem Postwege versandten Abladung nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass diese (wie notwendig) den Anwalt noch am Vorabend des Termins erreiche. Nach Auffassung des OLG Dresden wäre eine Benachrichtigung per Telefon oder per Telefax notwendig gewesen, mithin ein Kommunikationsweg, der die sofortige Kenntnisnahme ermöglicht. Einen solchen Kommunikationsweg habe das ArbG München hier aber mit beA gerade gewählt, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem das ArbG unter jedem denkbaren Blickwinkel davon ausgehen durfte, dass den Klägervertreter die Nachricht möglichst rechtzeitig erreichen werde.
2. Kein Schaden
Es konnte deshalb dahinstehen, ob der Kläger überhaupt einen Schaden erlitten hat. Auch das sei allerdings nicht der Fall. Der Kläger hätte nämlich nur dann einen Schaden, wenn er selbst jenem Anspruch des Klägervertreters ausgesetzt wäre, von dem er Freistellung durch den Beklagten fordert. Das sei allerdings nicht der Fall. Der Klägervertreter habe keinen Anspruch gegen den Kläger wegen der vom Kläger behaupteten Reisekosten des Klägervertreters. Ein solcher Anspruch des Klägervertreters gegen den Kläger könne zwar grds. aus dem zwischen den beiden bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag bestehen. Der Klägervertreter hätte ...