Der Senat folgt der zitierten Rspr. des BGH nicht (s. bereits Beschl. v. 31.3.2008–1 W 111/08, AGS 2008, 216 = OLGR 2008, 560 = JurBüro 2008, 304; Beschl. v. 24.6.2008–1 W 111/08, OLGR 2008, 844). Die Rechtsbeschwerde ist daher zuzulassen.
1. Das LG hat zutreffend die Verfahrensgebühr von 1,3 nach dem Verfahrenswert von 50.000,00 EUR festgesetzt. Die Gebühr ist nach Nr. 3100 VV entstanden und nicht nach Nr. 3101 VV oder einem sonstigen Tatbestand des Vergütungsverzeichnisses gemindert. Die in Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgeschriebene Anrechnung eines Teils der Geschäftsgebühr ist bei der Festsetzung der Gebühr nach Nr. 3100 VV nicht zu berücksichtigen.
2. Die Anrechnung als solche bewirkt keine Minderung der Verfahrensgebühr.
a) Unstreitig ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin allerdings eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV entstanden, die nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Sie sind vorprozessual mit der Abwehr des Abmahnschreibens vom 24.4.2008 in der später zum Verfahrensgegenstand gewordenen Angelegenheit tätig geworden. Der von der Antragstellerin angegebene Gegenstandswert von 50.000,00 EUR und der Regelsatz von 1,3 werden nicht beanstandet. Der Auftrag umfasste die von den Bevollmächtigten entfaltete außergerichtliche, auf Vermeidung des Gerichtsverfahrens gerichtete Tätigkeit. Soweit sie im Schreiben vom 5.5.2008 mitgeteilt haben, dass sie für den Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung "zustellungsbevollmächtigt" seien, geht daraus allenfalls ein bedingter Prozessauftrag – für den Fall einer Anrufung des Gerichts durch die Gegenseite – hervor. Soweit sie im Schreiben vom 8.5.2008 ausführten, im Falle des Ablaufs der zum 15.5.2008 gesetzten Frist zur Abgabe einer Verzichtserklärung würden sie der Mandantschaft "dringend zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage anraten", ist ein unbedingter Prozessauftrag ebenfalls nicht ersichtlich.
b) Die Anrechnungsvorschrift bewirkt jedoch nicht, dass die Verfahrensgebühr von vornherein nur in um den Anrechnungsbetrag geminderter Höhe entstanden ist. Soweit der BGH dies annimmt (BGH – 8. Zivilsenat, NJW 2007, 283 zum materiellen Anspruch; dem folgend zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch: 8. Zivilsenat, NJW 2008, 1323, bestätigt mit Beschl. v. 3.6.2008, VIII ZB 3/08; 3. Zivilsenat, Beschl. v. 30.4.2008 – III ZB 8/08 [= AGS 2008, 364]; 6. Zivilsenat, Beschl. v. 3.6.2008 – VI ZB 55/07 [= AGS 2008, 441]; 4. Zivilsenat, Beschl. v. 16.7.2008 – IV ZB 24/07 [= AGS 2008, 377]; 1. Zivilsenat. Beschl. v. 14.8.2008 – I ZB 103/07 [= AGS 2008, 574]; Beschl. v. 2.10.2008 – I ZB 30/08; 7. Zivilsenat., Beschl. v. 25.9.2008 – VII ZB 93/07), folgt der Senat dem nicht.
(1) Bestimmt das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr, so setzt es die Entstehung – auch – der anderen Gebühr logisch voraus. Es müssen alle gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sein, dass die Gebühr – in bestimmter Höhe – entstanden ist. Wenn in manchen Anrechnungsbestimmungen die Entstehung der anderen Gebühr im Wortlaut ausdrücklich gefordert wird (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101, Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104; Anm. S. 2 zu Nr. 3201 VV), in anderen dagegen nur eine Anrechnung "auf die Verfahrensgebühr" oder "auf eine Gebühr" (§ 34 Abs. 2 RVG, Nrn. 2100, 2102 VV) angeordnet wird, hat das sprachliche Gründe und begründet keinen sachlichen Unterschied. Die Entstehung der Gebühren und deren Verminderung und Erhöhung wird im Gesetz durch Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen, des Gebührensatzes bzw. -rahmens und der zugrunde zu legenden Werte (§ 2 Abs. 1 RVG) geregelt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft dagegen den Fall des Zusammentreffens mehrerer Gebührentatbestände (Konkurrenz). Die Anrechnung bewirkt dann, dass eine doppelte Vergütung des Rechtsanwalts entfällt, indem sich der Anspruch des Rechtsanwalts auf eine Gebühr um den Betrag der anzurechnenden – anderen – Gebühr vermindert (BGH, Urt. v. 25.9.2008 – IX ZR 133/07 [= AGS 2008, 539]). Letztere muss dem Rechtsanwalt ebenfalls zustehen. Die Anrechnung erfordert demnach eine Abrechnung über beide Gebühren und erfolgt nicht schon bei der Entstehung, sondern nach Maßgabe des § 8 RVG erst zu dem Zeitpunkt, in dem eine zusammenfassende Berechnung der von der Anrechnung betroffenen Gebühren möglich und nach dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift geboten ist. Die vom Gesetz bestimmte Richtung der Anrechnung (Gebühr A auf Gebühr B) besagt, welche Gebühr durch die vorgeschriebene Anrechnung gemindert wird. Das ist in der Regel – aber nicht stets, vgl. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV, Anm. Abs., 2 zu Nr. 3104 VV – die in der Entstehung nachfolgende Gebühr, so dass bei deren Abrechnung die Anrechnung zum Zuge kommt. Dennoch ist nach dem Gesetz die tatbestandliche Entstehung der einen Gebühr von der einen besonderen Rechenvorgang erfordernden Anrechnung der anderen Gebühr zu unterscheiden (s. Enders, JurBüro 2008, 281/284). Die klare Trennung beider Vorgänge ermöglicht es, die Fälle mehrfacher Anrechnung, n...