Erhöhung des Gegenstandswertes für Asylsachen
Kurz vor Weihnachten erreichte den Deutschen Anwaltverein (DAV) eine erfreuliche Nachricht: Der Deutsche Caritasverband unterstützt mit seinem Schreiben an verschiedene Politiker (Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, Staatsministerin im Bundeskanzleramt Dr. Maria Böhmer, an die Fraktionsvorsitzenden, den Rechts- und den Innenausschuss des Deutschen Bundestages) die Forderung des DAV und seiner Ausländer- und Asylrechtsanwälte nach deutlicher Anhebung des Gegenstandswertes im gerichtlichen Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz (§ 30 RVG, siehe DAV-Stellungnahme Nr. 29/08 vom Mai 2008 unter www.anwaltverein.de > Interessenvertretung > Stellungnahmen > Archiv 2008). Der Deutsche Caritasverband ist sicherlich unverdächtig, vornehmlich wirtschaftliche Interessen der deutschen Anwaltschaft unterstützen zu wollen. Vielmehr unterstützt der Wohlfahrtsverband die Gesetzesinitiative des DAV aus fachlichen Gründen.>
Fast parallel dazu wies die Bundesjustizministerin Frau Zypries in ihrer Ansprache beim "DAV-Auftakt 2009" am 13.1.2009 darauf hin, dass diese Forderung auch in ihrem Hause Unterstützung finde und sie eine Realisierung dieser Änderung noch in der laufenden 16. Legislaturperiode für möglich halte (siehe dazu auch DAV-Depesche Nr. 02/09 vom 15.1.2009 unter www.anwaltverein.de > Leistungen > DAV-Depesche).
Worum geht es bei dieser DAV-Gesetzgebungsinitiative? Sowohl der Ausschuss RVG und Gerichtskosten des DAV wie auch die in einer eigenen DAV-Arbeitsgemeinschaft und in einem Gesetzgebungsausschuss Ausländer- und Asylrecht organisierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bewerten die geltende Streitwertregelungen in § 30 RVG als völlig unzureichend. Unzureichend angesichts der geringen Höhe der dort für Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz vorgesehenen Streitwerte von 3.000,00 EUR für die Hauptsache – und nur 1.500,00 EUR für Eilverfahren. Und unzureichend auch angesichts der für die betroffenen Mandanten oft enormen, schicksals- und lebenswichtigen Bedeutung der angestrebten Aufenthaltsberechtigungen.
Zum Hintergrund der geltenden Streitwertregelung: Mit Wirkung ab dem 1.7.1993 wurde durch das "Gesetz zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften" vom 30.6.1993 die gesetzliche Festlegung des Gegenstandswertes in asylrechtlichen Streitigkeiten gem. § 83b Abs. 2 AsylVfG in das spezielle Prozessrecht des Asylverfahrens eingeführt. Der Gesetzgeber orientierte sich hinsichtlich der Höhe des Gegenstandswertes am Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 S. 2 GKG für die Wertberechnung in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, der damals bei 6.000,00 DM bzw. 3.000,00 DM lag. Ziel dieser erstmaligen Festlegung des Gegenstandswertes war laut Gesetzesbegründung "zu einer übersichtlichen und weitgehend einheitlichen Handhabung zu gelangen". Inzwischen hat sich die Flüchtlingssituation in Deutschland insofern verändert, als sich die Zahl der Asylsuchenden erheblich reduziert hat: Im Jahr 2007 stellten 19.164 Personen erstmals einen Asylantrag, während es 10 Jahre zuvor noch 104.353 Erstanträge gab.
Heute wie damals gilt, dass der Gegenstandswert in keinem Verhältnis einerseits zum Gegenstand des Verfahrens selbst und andererseits zum erforderlichen Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts in einem solchen Verfahren steht. Bei einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR (Klage einer Person auf Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a Abs. 1 GG) verdient der Asylanwalt standardmäßig 2,5 Gebühren, also 472,50 EUR. Diese Reduzierung der Gebühren wird auch nicht wie im allgemeinen Verwaltungsrecht dadurch ausgeglichen, dass Antrags- und Widerspruchsverfahren nunmehr unterschiedliche Angelegenheiten sind. Im Asylverfahren findet kein Widerspruchsverfahren statt. Vielmehr werden die möglichen Gebühren durch die Anrechnungsvorschrift der Vorbem. 3 Abs. 4 VV bei vorheriger Tätigkeit im Vorverfahren noch weiter reduziert. Für Gebühren in dieser Höhe lassen sich Asylklageverfahren verantwortlich nur sehr schwer führen. In den meisten Fällen muss schon bis zum Abschluss der ersten Instanz mit einem Zeitaufwand von weit über 10 Stunden gerechnet werden, um die oftmals schwierigen Rechtsfragen und häufig noch viel schwierigeren Tatsachenfragen in Asylverfahren (fast immer unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers) zu bearbeiten.
Im Asylverfahren geht es um die Frage, ob dem Asylsuchenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, alles hochrangige Rechtsgüter, die von der Verfassung geschützt sind. In Streit steht der Status einer Person im Bundesgebiet, ihr Recht, hier zu verbleiben und Schutz zu erhalten bzw. keinen existenziellen Gefahren ausgesetzt zu werden, die im Falle einer Rückkehr ins Heimatland drohen. Ein Gegenstandswert von 3.000,00 EUR ist in hohem Maße unangemessen, wenn man z. B. bedenkt, dass nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Einbürgerungsverfahren der Streitwert di...