RVG VV Nrn. 7003 ff., Vorbem. 7 Abs. 1
Leitsatz
Hat der Anwalt seine Kanzlei in der politischen Gemeinde, in der sich auch das Gericht befindet, so kann er mangels einer Geschäftsreise auch keine Parkgebühren mit dem Auftraggeber oder der Staatskasse abrechnen.
LG Halle (Saale), Beschl. v. 20.6.2008 u. v. 11.7.2008–13 Kls 17/07
1 Sachverhalt
Der beigeordnete Pflichtverteidiger, der eine Kanzlei am Ort des Gerichts unterhält, begehrte die Festsetzung von Parkgebühren in Höhe von 56,50 EUR. Der Antrag wurde zurückgewiesen.
Dagegen legte der Pflichtverteidiger Erinnerung ein und begründete diese damit, dass es sich nach seiner Überzeugung bei den abgerechneten Parkgebühren um sonstige Auslagen handele, die nicht ausschließlich im Zusammenhang mit einer Geschäftsreise zu sehen und daher erstattungsfähig seien. Bei der Wahrnehmung von Verhandlungsterminen beim AG und LG Halle fielen Parkgebühren in jedem Falle an, da ein Parken ohne Gebühren sowohl im Bereich des LG als auch des AG nicht mehr möglich sei. Allein aus der Tatsache, dass im RVG sonstige Auslagen wie vorliegend die Parkgebühren keine ausdrückliche Regelung gefunden haben, könne nicht gefolgert werden, dass diese nur den Reisekosten zuzuordnen seien und nur im Zusammenhang mit der Abrechnung von Reisekosten zugestanden würden. Dies ergebe sich weder aus dem RVG, noch könne es gewollt sein, dass auswärtigen Kollegen im Zusammenhang mit der Abrechnung einer Geschäftsreise die Parkgebühren erstattet würden und im Gegensatz dazu ortsansässigen Kollegen nicht. Dafür gäbe es keinen vernünftigen Grund.
Die zuständige Bezirksrevisorin beim LG führte dagegen an, dass ein Rechtsanwalt für Geschäfte am Wohnort oder dem Ort der Kanzlei keine Reisekosten (auch keine Parkgebühren) berechnen könne. Verkehrskosten jeder Art innerhalb der Gemeinde seien allgemeine Geschäftsunkosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 7003 VV Rn 3; Hartmann, KostG, 36. Aufl., Nr. 7003 Rn 3). Demzufolge seien die vom Verteidiger beantragten Parkgebühren nicht erstattungsfähig.
2 Aus den Gründen (Nichtabhilfebeschluss der Rechtspflegerin)
Die in Rede stehende Rechtsfrage ist in Rspr. u. Lit. bereits seit Geltung der BRAGO hinreichend diskutiert und einhellig beschieden worden. Vorliegend hat der Urkundsbeamte die begehrte Festsetzung und Auszahlung von Parkgebühren an den Verteidiger zurückgewiesen und dies damit begründet, es liege keine Geschäftsreise i.S.d. Nr. 7006 VV vor.
Die Verteidigung argumentiert nun, dies führe zu einer unterschiedlichen Behandlung ortsansässiger und ortsfremder Vertreter, zwar läge keine Geschäftsreise i.S.d. RVG vor, wohl aber seien die Parkgebühren als sonstige Auslagen zu erstatten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wertung der Verteidigung zutreffend ist oder durch das Gericht geteilt wird. Jedenfalls mangelt es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Abhilfe.
"Sonstige Auslagen" i.S.d. Argumentation des Verteidigers sind dem Teil 7 VV und der Rspr. fremd. Es kann daher dem Rechtsmittelführer nicht gelingen, neben Nr. 7006 VV eine andere Anspruchsgrundlage für eine Erstattung zu konstruieren, vielmehr sind Parkgebühren, wenn auch anders als in § 28 BRAGO nicht mehr ausdrücklich genannt, unter Nrn. 7003 ff. VV zu subsumieren (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe Nr. 7003, 7004 Rn 20).
Gem. § 1 RVG bemisst sich die Vergütung der Rechtsanwälte, d.h. deren Gebühren und Auslagen, (nur) nach diesem Gesetz. Damit genießt das RVG hinsichtlich der Ansprüche auf Vergütung gegenüber der Staatskasse abschließenden Vorrang z.B. vor dem BGB. Allerdings muss zwischen dem Erstattungsanspruch im Außenverhältnis und demjenigen gegenüber der Staatskasse unterschieden werden.
Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen wird in Teil 7 VV im Verhältnis gegenüber der Staatskasse geregelt. In den Nrn. 7000 ff. VV werden Auslagen im Rahmen von Fahrten ausschließlich unter Nrn. 7003–7006 VV geregelt. Dabei wurden durch den Gesetzgeber Erstattungsansprüche sowohl für die Fahrt als auch die damit verbundenen Auslagen geschaffen.
Gem. Nr. 7006 VV sind sonstige Auslagen in voller Höhe zu erstatten, die anlässlich einer Geschäftsreise entstehen und angemessen sind. Eine Geschäftsreise jedoch ist im vorliegenden Falle nicht erfolgt. Gem. Vorbem. 7 Abs. 2 VV liegt eine Geschäftsreise i.S.d. Teil 7 VV nur vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befinden. Liegt das Reiseziel mithin innerhalb der Gemeinde, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung befindet, liegt eine Geschäftsreise i.S.d. Teil 7 VV nicht vor. Eine Anwendung von Nr. 7006 VV scheidet daher in diesem Falle aus.
Der Gesetzgeber hat dabei zum Ausdruck gebracht, dass die mit dem Normalfall der anwaltlichen Tätigkeit im örtlichen Gerichtsgebäude verbundenen Auslagen nicht gesondert vergütet werden sollen.
Vorliegend befinden sich Kanzlei und Gericht innerhalb der gleichen Gemeinde, mithin sind die Fahrten des Verteidigers anlässlich der Wahrnehmung der Gerichtstermine keine Geschäftsreisen. Die dabei anfallenden Auslagen kö...