Mit Bescheid des Ordnungsamts wurde gegenüber dem Verteidiger gem. § 107 Abs. 5 OWiG für die auf seinen Antrag erfolgte Aktenversendung zum Zwecke der Einsichtnahme eine Auslagenpauschale in Höhe von 12,00 EUR erhoben und dieser zur Zahlung aufgefordert. Hiergegen wendet sich der Verteidiger als Kostenschuldner mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung.
Der Antrag ist zulässig (§§ 108 Abs. 1 Nr. 3, 62 OWiG) und begründet.
Es entspricht h. Rspr. und Lit., dass die Aktenversendungspauschale dann nicht anfällt, wenn die Akten vom Verteidiger abgeholt oder in dessen Gerichtsfach eingelegt werden (Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 107 Rn 23a; Karlsruher Kommentar zum OWiG – Schmehl, 3. Aufl. 2006, § 107 Rn 2, jeweils m. w. Nachw.). Nach einer Entscheidung des AG Göttingen (NdsRpfl 1996, 61) gilt dies auch dann, wenn dem Rechtsanwalt staatsanwaltliche Akten über sein Gerichtsfach zugeleitet werden. Außerdem hat das LAG Schleswig-Holstein (NJW 2007, 2510) in einem Fall, in dem das die Akteneinsicht gewährende Gericht selbst keine Gerichtsfächer unterhält und die Akten durch einen Bediensteten in ein nahe gelegenes anderes Gericht verbringt, um sie in das dortige Gerichtsfach des Rechtsanwalts einzulegen, entschieden, dass die Aktenversendungspauschale dann nicht anfällt, wenn das die Akteneinsicht gewährende Gericht bei dem anderen Gericht selbst ein Postfach unterhält und deshalb das andere Gericht ohnehin täglich aufsuchen muss. Denn das Überbringen und das Einlegen der Akte in das Gerichtsfach können mit der Postabholung verbunden werden, so dass zusätzlicher Aufwand nicht entsteht. Dieser Rechtsmeinung schließt sich das erkennende Gericht an, sie ist auch auf den vorliegenden Fall übertragbar:
Die Stadt unterhält bei dem AG Frankfurt/M. ein eigenes Postfach, welches täglich durch einen Kurierfahrer geleert wird. Bei dieser Gelegenheit werden sowohl Schriftstücke, die für das AG selbst, als auch solche, die für Rechtsanwälte mit Gerichtsfach bestimmt sind, abgegeben. Letztere werden sodann durch Bedienstete des AG Frankfurt/M. in die Gerichtsfächer der Rechtsanwälte verteilt. Auch vorliegend wurden die Akten dem Antragsteller zur Einsichtnahme in der geschilderten Art und Weise zugeleitet. Da die Verwaltungsbehörde ohnehin täglich einen Kurierfahrer zur Leerung des eigenen Postfaches bei dem AG Frankfurt/M. einsetzt, ist ihr durch das Mitgeben der Akte zum Einlegen in das Gerichtsfach des Antragstellers kein zusätzlicher Aufwand entstanden, der mit der Versendungspauschale abzugelten wäre (so auch AG Frankfurt/M., Beschl. v. 25.8.2008–941 OWi 52/08, veröffentlicht in der Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen). Der Bescheid des Ordnungsamts, mit dem die Aktenversendungspauschale erhoben wurde, war deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 62 Abs. 2 S. 2 OWiG, wobei mit den Auslagen ausnahmsweise die Stadt als Gebietskörperschaft, der die Verwaltungsbehörde angehört, zu belasten war. Denn das vorliegende Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat, da es den Verteidiger als Kostenschuldner betrifft, gegenüber dem zugrunde liegenden Bußgeldverfahren selbständige Bedeutung. Eine Verbindung mit der das Bußgeldverfahren abschließenden Kosten- und Auslagenentscheidung (vgl. § 464 StPO) ist somit nicht möglich (vgl. hierzu Göhler, a.a.O..vor § 105 Rn 57 a.E. und § 62 Rn 32a). Von daher betrifft das vorliegende Verfahren – Antrag auf gerichtliche Entscheidung – ein noch (und nur) bei der Verwaltungsbehörde anhängiges Verfahren (§ 105 OWiG), für das § 44 Abs. 2 HessFAG als "andere gesetzliche Bestimmung" i.S.d. § 105 Abs. 2 OWiG gilt. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 62 Abs. 2 S. 3 OWiG).
Mitgeteilt von Ass. jur. Udo Henke, Elmshorn