Birgit Goldschmidt-Neumann
Die weitere Beschwerde erweist sich als begründet. Der angefochtene Beschluss des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts, da § 16 Nr. 4 RVG nicht ausreichend berücksichtigt worden ist.
Dem Antragsteller steht für die Beratung in der Angelegenheit Zugewinn eine weitere Vergütung nach Nr. 2503 VV nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von EUR 97,44 zu.
Das BerHG sieht Beratungshilfe in "Angelegenheiten" vor, vgl. §§ 2 Abs. 2, 6 BerHG. Nach § 44 RVG wird eine Vergütung für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe nach dem RVG gewährt. Da sich die Tätigkeit der Beratungshilfe auf die "Angelegenheit" bezieht, spricht vieles dafür, auch die Vergütung auf die "Angelegenheit" auszurichten.
Der Begriff der Angelegenheit ist im BerHG nicht näher geregelt, so dass auf die Vorschriften des RVG zurückzugreifen ist, insbesondere §§ 15 ff. RVG. Dort ist bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann, § 15 Abs. 2 RVG. Eine Angelegenheit kann insoweit auch mehrere Gegenstände umfassen. Entscheidend für das Vorliegen einer Angelegenheit ist, ob ein gleichzeitiger Auftrag, ein gleicher Rahmen und ein innerer Zusammenhang gegeben sind (vgl. Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl., § 15 Rn 7 ff.).
Dies ist im Hinblick auf die hier fraglichen außergerichtlichen Scheidungs- und Folgesachen zu verneinen. Der Senat hält insoweit an seiner zu § 7 Abs. 3 BRAGO ergangenen Rspr. (Beschl. v. 7.10.1985–10 WF 192/85, MDR 1986, 157) fest. Danach genügt es weder bei Trennungs- noch bei Scheidungsfolgesachen, dass die verschiedenen Folgen ihren gemeinsamen Grund in der Trennung bzw. der Scheidung der Eheleute haben. Bereits die Existenz des § 7 Abs. 3 BRAGO zeigte, dass es einer Norm bedurfte, um bei einem gerichtlichen Scheidungsverbund das Gesamtverfahren kostenrechtlich als Einheit zu behandeln. Dies wiederum indiziert, dass es sich der Sache nach bei allen Folgeverfahren trotz der gemeinsamen Ursache der Scheidung um selbständige Angelegenheiten handelt. An dieser Betrachtungsweise hat die nunmehr maßgebliche Norm des § 16 Nr. 4 RVG nichts geändert. Auch hier wird für die Scheidungssache und die Folgesachen bestimmt, dass diese im Falle gerichtlicher Geltendmachung im Verbund gebührenrechtlich als dieselbe Angelegenheit i.S.d. RVG gelten. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn der Gesetzgeber bei Schaffung des § 16 Nr. 4 RVG von der bis dato streitigen Ansicht ausgegangen wäre, das Vorliegen einer einzigen Angelegenheit ergebe sich bereits daraus, dass die verschiedenen Gegenstände ihren Ursprung in dem einheitlichen Lebenssachverhalt des Scheiterns der Ehe hätten.
Im Rahmen der Beratungshilfe ergibt sich eine einheitliche Angelegenheit von Scheidungs- und Folgesachen auch nicht aus § 16 Nr. 4 RVG. Dieser betrifft – wie die Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften der ZPO zeigt – lediglich das gerichtliche Verbundverfahren, erfasst mithin nicht die vorgelagerte außergerichtliche Beratungshilfe in Scheidungs- und Folgesachen, auch wenn diese im Falle gerichtlicher Geltendmachung im Verbund geltend zu machen wären. Eine entsprechende Anwendung des § 16 Nr. 4 RVG kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Insoweit wird die im Beschl. v. 6.7.1989–11 WF 11/89 vertretene Rechtsansicht für den Geltungsbereich des RVG nicht aufrechterhalten. Für das RVG kann nicht von einer unbewussten Regelungslücke im Gesetz ausgegangen werden. Dem Gesetzgeber war bei Schaffung des § 16 Nr. 4 RVG die bereits zu § 7 Abs. 3 BRAGO geführte kontroverse Diskussion um den Begriff der "Angelegenheit" bekannt (vgl. Überblick bei Gerold/Schmidt/Mayer Nr. 2500–2508 Rn 27 Fn 65). Dennoch hat er dies nicht zum Anlass genommen, ausdrücklich zu regeln, dass die Fiktion des § 16 Nr. 4 RVG schon für die dem gerichtlichen Verbundverfahren vorgelagerte außergerichtliche Beratungshilfe gelten soll. Im Hinblick auf die ohnehin niedrigen Gebühren in der Beratungshilfe (vgl. BVerfG AGS 2002, 273) gibt es auch keine zwingenden Gründe für eine analoge Anwendung.
Dementsprechend ist bei einer Beratungshilfetätigkeit für die Scheidung und deren Folgen auch dann gebührenrechtlich von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen, wenn diese später im gerichtlichen Verbundverfahren geltend zu machen wären (wie hier: Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn 1022; AnwK-RVG/N. Schneider, 2. Aufl., § 15 Rn 53, § 16 Rn 14). Würde man der Gegenmeinung folgen, wäre nach den Vorgaben des BVerfG in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Belastung des Rechtsanwaltes derart groß ist, dass es nicht mehr vertretbar ist, ihn mit nur einmaligen Gebühren der Beratungshilfe zu vergüten (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 16 Rn 25 f.). Diese Einzelfallprüfung wäre nach Auffassung des Senats für das dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliegende Festsetzungsverfahren unpraktikabel, schon weil es an nötigen Kriterien fehlt, ab wann der Rechtsanwalt mit einer unzumutbaren Vergütung unnötig belastet würde. Bis zu ei...