Die sofortige Beschwerde, mit der die Beklagte die Festsetzung lediglich einer durch Anrechnung der halben Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) verkürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV verlangt, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG bei der Festsetzung der Anwaltskosten des Klägers nach dem Prozessvergleich der Parteien vom 5.9.2006 die Verfahrensgebühr mit einem Satz von 1,3 gegen die Beklagte angesetzt, ohne zu berücksichtigen, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers für seine in derselben Sache erbrachte vorgerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV angefallen ist.
Grundlage der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO ist der von den Parteien am 5.9.2006 geschlossene Prozessvergleich, wonach die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs trägt. Diese Vereinbarung ist dahin zu verstehen, dass die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV zum erstattungsfähigen Prozessaufwand des Klägers zählt ohne Rücksicht darauf, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers wegen desselben Gegenstandes vorgerichtlich tätig geworden ist und aus diesem Grund seinem Mandanten die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV nur in verminderter Höhe, nämlich nach Abzug der hälftigen Geschäftsgebühr, in Rechnung stellen darf.
Bei der Auslegung der Kostenregelung dieses Vergleichs nach §§ 133, 157 BGB ist zu berücksichtigen, dass die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der seinerzeit ganz herrschender Auffassung grundsätzlich keinen Einfluss auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei hatte. Dabei wurde schon damals weder in der Rspr. noch in der Lit. zum Kostenrecht je ernsthaft bezweifelt, dass die nach anwaltlichem Gebührenrecht vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nicht die vom Anwalt (bereits verdiente) Geschäftsgebühr berührt, sondern den Anspruch des Anwalts auf die Verfahrensgebühr verringert (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl. 2006, Nr. 2300–2301 VV Rn 44; AnwKom-RVG/Onderka/Schneider, 3. Aufl. 2006, Vorbem. 3 VV Rn 199; Bischof, RVG, 2. Aufl. 2007; Vorbem. 3 VV, Rn 99 f. – jeweils mit Rechenbeispielen; Hansens, RVGreport 2005, 392 f.; ebenso zur Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die entsprechende Verfahrensgebühr nach § 118 Abs. 2 BRAGO: Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 118 Rn 49). Doch blieb die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach fast einhelliger Auffassung in Lit. und Rspr. grundsätzlich ohne Auswirkung auf die Kostenerstattung (Senat AGS 2005, 515; ausführlicher AGS 2007, 439; OLG Hamm JurBüro 2006, 202; OLG Schleswig AnwBl 1997, 125; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn 66; AnwKom-RVG/Onderka/Schneider, a.a.O., Rn 192; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl. 2006; Vorbem. 3 VV Rn 80, 81; Bischof, RVG, 2. Aufl. 2007, Vorbem. 3 VV Rn 103 ff.; 108; von Eicken, Kostenfestsetzung, 18. Aufl. 2003; Rn B 566; Hansens, RVGreport 2005, 393; ders., ZAP 2007, Fach 24, S. 1069; Schons, NJW 2005, 3089, 3091; Stöber, AGS 2005, 45 ff.; Schneider, NJW 2007, 2006; a.A. Schultze-Rhonhof, RVGreport 2005, 374). Jedenfalls im Bereich des Zivilprozesses zählte die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV zu den gem. § 91 Abs. 2 S. 1 und Abs. 2 ZPO erstattungsfähigen notwendigen Kosten der Prozessführung. Der neben dem materiellen Kostenerstattungsanspruch bestehende, nicht notwendig deckungsgleiche prozessuale Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung ihrer durch die Prozessführung entstandenen Kosten wurde ohne Rücksicht auf die – hälftige – Anrechnung der Geschäftsgebühr berechnet. Denn die Aufwendungen für die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten hatten bei der Festsetzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, und zwar sowohl im Positiven (keine Festsetzung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren) als auch im Negativen (keine Berücksichtigung der Geschäftsgebühr durch Anrechnung auf die Verfahrensgebühr).
An dieser bereits unter der Geltung der BRAGO geübten Praxis hat sich die Auslegung der hier vereinbarten Kostenregelung aus Gründen des Vertrauensschutzes auszurichten. Die anders lautende höchstrichterliche Rspr. zeichnete sich im Jahr 2006 noch nicht ab. Es kann deshalb offen bleiben, ob die vom BGH im Beschl. v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07 [= AGS 2008, 158] – geäußerte Auffassung zutrifft, wonach die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr auch bei der Berechnung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zu berücksichtigen ist. Der Senat ist dieser Auffassung in seinen Entscheidungen vom 31.3.2008 [= AGS 2008, 216] und vom 24.6.2008–1 W 111/08 – (JurBüro 2008, 304), an der er festhält, im Übrigen entgegengetreten.
Die sofortige Beschwerde hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die Beklagte dem Kläger nach dem Vergleich vom 5.9.2007 zum Ausgleich "sämtlicher Schä...