ZPO § 3; BGB § 439 Abs. 1
Leitsatz
Verlangt der Kläger die Neulieferung als Variante der Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB), ist das Interesse auf den Wert der Differenz zwischen dem Wert einer mangelfreien und dem der gelieferten Sache festzusetzen.
LG Osnabrück, Beschl. v. 20.10.2008–9 O 2142/08
1 Aus den Gründen
Der Kläger begehrt die Neulieferung als Variante der Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB). Das Interesse im Falle der Nacherfüllung ist zu bemessen auf den Wert der Differenz zwischen dem Wert einer mangelfreien und dem der gelieferten Sache.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Robert Gondár, Rüsselsheim
2 Anmerkung
In beiden Fällen war das vom Kläger gekaufte Fahrzeug Opel GT vom Hersteller angeboten worden mit einer Innenausstattung in Naturleder. Geliefert wurde dem Käufer ein Fahrzeug mit einer Ausstattung in Kunstleder. Er verlangte die Lieferung eines dem Angebot entsprechenden Fahrzeugs und beantragte, die Beklagte zur Lieferung eines dem Angebot entsprechenden Fahrzeugs zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des angebotswidrig gelieferten Fahrzeugs.
Die Streitwertberechnung ist einfach und eindeutig.
Nach § 439 Abs. 1 BGB konnte der Beklagten nach seiner Wahl verlangen
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die Beseitigung des Mangels |
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oder |
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die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs. |
Er hat sich für die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs entschieden. Nur der dahingehende Klageantrag ist zu bewerten. Für die Lieferung und Übereignung eines mangelfreien Neuwagens ist der Wert des Streitgegenstandes maßgebend (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG). Er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Ein Schätzungsermessen ist hier nicht gegeben. Der festgelegte Kaufpreis ist anzusetzen. Er entspricht dem Streitgegenstand (§ 2 ZPO).
Die gleiche Berechnung folgt aus § 6 ZPO.
Der Wert der Zug um Zug angebotenen Gegenleistung bleibt außer Ansatz.
Das LG Osnabrück und ebenso das LG Lüneburg haben den Streitwert nur nach dem Wert der Beseitigung des Mangels, also der Kosten für die Umrüstung von Kunstleder auf Naturleder bemessen und ihn mit 3.000,00 EUR angenommen. Das ist offensichtlich falsch. Diese Berechnung wäre nur erlaubt, wenn der Beklagte auf Beseitigung des Mangels geklagt hätte.
Wie erklärt sich diese offensichtliche Fehlbewertung? Wohl nur durch das Bestreben, die eigene Zuständigkeit zu verneinen, um das AG zuständig zu machen (§ 23 Nr. 1 GVG). Verfahrenswidriger Versuch der Entlastung!
Was ist zu tun?
Der Prozessbevollmächtigte sollte auf keinen Fall der Anregung entsprechen, einen Verweisungsantrag zu stellen. Er sollte sich abweisen lassen und Berufung einlegen. Das Berufungsgericht muss dann aufheben und zurückverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Würde es dem LG folgen, müsste es die Revision zulassen (§ 546 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Wenn nicht, wäre die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO gegeben.
Rechtsanwalt Dr. Egon Schneider, Much