1. Nach der Rspr. des BGH ist die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die im gerichtlichen Verfahren anfallende 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) auch im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO zu berücksichtigen. Dabei soll es nach Auffassung des BGH ohne Bedeutung sein, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (u.a. BGH NJW 2008, 1323 [= AGS 2008, 158]; FamRZ 2008, 1346 = AGS 2008, 364; NJW-RR 2008, 1528 = AGS 2008, 441 = JurBüro 2008, 468; AGS 2008, 377 = JurBüro 2008, 529; FamRZ 2008, 2023 = VersR 2008, 1666).
2. Die Frage, ob die Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV auch im Falle der Festsetzung des Vergütungsanspruchs des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse zu berücksichtigen ist, ist in Rspr. und Lit. umstritten.
a) Nach h.M. ist Vorbem. 3 Abs. 4 VV grundsätzlich auch im Verhältnis zur Staatskasse anzuwenden (OLG Frankfurt JurBüro 2007, 149 [= AGS 2007, 313]; OLG Stuttgart AnwBl 2008, 301 = JurBüro 2008, 245; LAG Köln RVGreport 2007, 457; LAG Düsseldorf RVGreport 2008, 142; VGH München AGS 2007, 314 mit abl. Anm. von N. Schneider; VGH München Beschl. v. 9.5.2006–12 C 06.65; OLG Oldenburg AGS 2008, 352 = MDR 2008, 1185 u. JurBüro 2008, 527; OLG Bamberg RVGreport 2008, 343; a.A. Hansens RVGreport 2008, 1). Dem steht nicht entgegen, dass beide Gebühren sich gegen unterschiedliche Schuldner richten. Es besteht nämlich eine Abhängigkeit des Anspruchs gegen die Staatskasse von dem Anspruch, der dem Rechtsanwalt gegen den Mandanten zusteht, es ist insoweit eine Deckungsgleichheit gegeben (OLG Stuttgart a.a.O.).
b) Dennoch kann die Frage der Anrechnung der Geschäftsgebühr im Falle der Festsetzung der Wahlanwaltsvergütung gem. § 104 ZPO nicht in jeder Hinsicht mit der Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung gleichgestellt werden. Der Senat hat deshalb mit Leitsatzbeschlüssen v. 10.6.2008–11 W 3014/07 (JurBüro 2009, 472 = OLGR 2009, 643) und 9.1.2009–11 W 2726/08 (JurBüro 2009, 473 = OLGR 2009, 641) entschieden, dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung nur in Betracht kommt, wenn der Rechtsanwalt auf den anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr eine Zahlung erhalten hat (ebenso KG, Beschl. v. 13.1.2009–1 W 496/08, JurBüro 2009, 187 = AGS 2009, 168) oder wenn der materiell-rechtliche Anspruch auf Ersatz der Geschäftsgebühr tituliert wurde. Der Senat begründet diese Auffassung mit der früheren Rspr. zu § 118 Abs. 2 BRAGO und einer Anwendung des Rechtsgedankens des § 58 Abs. 2 RVG. Die Besonderheiten des Prozesskostenhilferechts rechtfertigten auch schon bisher eine von der Rspr. des BGH zur Anrechnung der Geschäftsgebühr im Falle der Regelvergütung abweichende Sachbehandlung. Durch die Einführung der §§ 15a, 55 Abs. 5 S. 2 u. 3 RVG n.F. ist die bisherige Rspr. des Senats also lediglich bestätigt worden. Weitere Ausführungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Bestimmungen und zu der Frage, ob § 15a RVG n.F. auch im Verhältnis zwischen PKH-Anwalt und der Staatskasse gilt (bejaht von Müller-Rabe, NJW 2009, 2913), erübrigen sich damit.
c) Der vom Beschwerdeführer zitierte Beschluss des Senats v. 19.3.2009–11 W 868/09 – steht der Anrechnung der Geschäftsgebühr nicht entgegen. Der Senat hatte dort über einen Fall zu befinden, bei dem die Geschäftsgebühr weder bezahlt noch tituliert worden war. Die Frage, ob eine hälftige Anrechnung der Beratungshilfegebühr (Nr. 2503 VV) auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens veranlasst ist, konnte der Senat dabei offen lassen, da die Beschwerde dort nur insoweit eingelegt war, als mehr als eine anteilige Beratungshilfegebühr angerechnet worden war. Die weiteren Ausführungen des Senats zu der Frage, ob ein Anspruch gegen den Mandanten auf Zahlung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr ausgeschlossen ist, wenn der Rechtsanwalt nicht auf die Möglichkeit der Beantragung von Beratungshilfe hingewiesen hat, beziehen sich auf das Innenverhältnis und haben mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr im Falle einer Titulierung nichts zu tun.
3. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Senats zur Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auch im Fall der Titulierung nach Inkrafttreten der §§ 15a, 55 Abs. 5 S. 2 bis 4 RVG aufrechterhalten werden kann. Auch im Falle einer Anrechnung vermindert sich die Prozesskostenhilfevergütung hier nämlich nicht.
a) Der Senat hatte bisher nicht über die Frage zu entscheiden, ob die Anrechnung im Falle von Zahlungen oder einer Titulierung zunächst auf die Gebühren nach der Wahlanwaltstabelle oder sofort auf die Verfahrensgebühr nach der PKH-Anwaltstabelle zu erfolgen hat (zu den hierzu in der Rspr. vertretenen Meinungen siehe Müller-Rabe, NJW 2009, 291...