Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Zusammenfassung
Sind für Teile des Streit- oder Verfahrensgegenstands bzw. einzelne Wertteile unterschiedliche Gebührensätze anzuwenden, sind die Gebühren für die einzelnen Wertteile grundsätzlich gesondert zu berechnen. Allerdings ist gem. § 36 Abs. 3 GKG, § 30 Abs. 3 FamGKG durch eine Vergleichsrechnung sicherzustellen, dass nicht mehr erhoben wird als eine aus dem Gesamtwert nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
I. Allgemeine Verfahrensgebühr und Gebührenvergleich
Diese Vergleichsrechnung ist unproblematisch, wenn für die Wertteile jeweils die im GKG und im FamGKG regelmäßig vorgesehene Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Verfahrensgebühr) anfällt.
Allerdings hat die Regelung im normalen Zivilprozess praktisch keine Bedeutung mehr, weil für das Verfahren jeder Instanz eine pauschale Verfahrensgebühr anfällt. Denn eine Teilermäßigung dieser Gebühr ist nicht vorgesehen (vgl. Nrn. 1211, 1221 ff. GKG-KostVerz., Beendigung des gesamten Verfahrens), so dass keine nach Streitwertteilen berechneten Gebühren mit unterschiedlichen Gebührensätzen denkbar sind.
Dagegen ist es in Familiensachen im Scheidungsverbundverfahren denkbar, dass die allgemeinen Verfahrensgebühr Nr. 1110 FamGKG KostVerz. in nach Wertteilen berechnete Gebühren mit unterschiedlichen Sätzen aufzuteilen ist:
Beispiel 1
In einem Scheidungsverbundverfahren (Werte: Scheidung 4.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 2.000,00 EUR, Ehegattenunterhalt 8.000,00 EUR) schließen die Ehegatten über den Ehegattenunterhalt einen gerichtlichen Vergleich. Der Kostenbeamte setzt nach Verfahrensende gem. § 30 Abs. 3 FamGKG an:
1. |
2,0-Gebühr, Nrn. 1110 FamGKG KostVerz Wert: 6.000,00 EUR (Scheidung, Versorgungsausgleich) |
272,00 EUR |
2. |
0,5-Gebühr, Nrn. 1110, 1111 Nr. 3, Anm. Abs. 1 FamGKG KostVerz Wert: 8.000,00 EUR (Ehegattenunterhalt) |
83,00 EUR |
|
Summe |
355,00 EUR |
gem. § 30 Abs. 3 FamGKG aber nicht mehr als eine 2,0-Gebühr (höchster Gebührensatz) nach dem Gesamtwert (14.000 EUR) mit 484,00 EUR, die hier nicht überschritten wird.
II. Anfall der gerichtlichen Vergleichsgebühr
Der gerichtliche Vergleich über bereits anhängige bzw. rechtshängige Ansprüche löst weder in Zivil- noch in Familiensachen eine besondere Gebühr aus, sondern führt gegebenenfalls zu einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr (vgl. z.B. Nrn. 1211 Nr. 3 GKG KostVerz., Nrn. 1111 Nr. 3, 1221 Nr. 3 FamGKG KostVerz.). Nur wenn der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt, fällt die besondere 0,25-Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG KostVerz. bzw. Nr. 1500 FamGKG KostVerz. an. Erfasst werden somit die Fälle, in denen der Vergleichsgegenstand über den Gegenstand des Verfahrens hinausgeht.
Beispiel 2
Die Parteien vergleichen sich im Verfahren A beim LG Bonn über die Zahlungsforderung in Höhe von 10.000,00 EUR sowie über die in einem anderen Verfahren beim AG Bonn anhängigen 3.000,00 EUR.
Hat der gerichtliche Vergleich beide Verfahren vollständig beendet und ist ihm in keinem der beiden Verfahren eines der in Nr. 1211 Nr. GKG KostVerz. aufgeführten Urteile vorausgegangen, ermäßigt sich die in beiden Verfahren entstandene 3,0-Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG KostVerz. auf eine 1,0-Verfahrensgebühr Nr. 1211 Nr. 3 GKG KostVerz. Im Verfahren A kann keine Mehrvergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG KostVerz. erhoben werden. Zwar übersteigt hier der Vergleichsgegenstand (13.000 EUR) den Gegenstand des Verfahrens A (10.000 EUR). Da aber für den Vergleichsmehrwert in Höhe von 3.000 EUR im Verfahren B bereits eine 1,0-Verfahrensgebühr angefallen ist, kann nach allerdings umstrittener Auffassung insoweit im Verfahren A keine Vergleichsgebühr mehr erhoben werden.
Nach wohl h.M. kann daher die gerichtliche Vergleichsgebühr nur von solchen Gegenständen erhoben werden, für die noch keine allgemeine Verfahrensgebühr angefallen ist.
III. Gebührenvergleich bei Verfahrens- und Vergleichsgebühr?
Im Schrifttum wird überwiegend angenommen, dass § 36 Abs. 3 GKG, § 30 Abs. 3 FamGKG nur Anwendung finden, wenn von unterschiedlichen Wertteilen gleiche oder gleichartige Gebühren (allgemeine Verfahrensgebühr) mit unterschiedlichen Gebührensätzen erhoben werden. Die Bestimmungen finden vor diesem Hintergrund deshalb dann keine Anwendung, wenn von unterschiedlichen Wertteilen eine Verfahrensgebühr einerseits und eine Mehrvergleichsgebühr andererseits erhoben werden:
Beispiel 3
In einem Scheidungsverbundverfahren (Werte: Scheidung 4.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 2.000,00 EUR) schließen die Ehegatten über den bislang nicht anhängigen Ehegattenunterhalt (8.000,00 EUR) einen gerichtlichen Vergleich:
1. |
2,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1110 KostVerz. FamGKG, Wert: 6.000,00 EUR (Scheidung, Versorgungsausgleich) |
272,00 EUR |
2. |
0,25-Mehrvergleichsgebühr, Nr. 1500 FamGKG KostVerz., Wert: 8.000,00 EUR (Ehegattenunterhalt) |
41,50 EUR |
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Summe |
313,50 EUR |
Diese Berechnung erscheint zutreffend und nachvollziehbar. Denn wäre der Ehegattenunterhalt anhängig und sodann im Vergleich berücksichtigt gemacht worden, wäre insoweit eine 1,0-Verfahrensgebühr Nrn. 1110, 1111 Nr. 3, Anm. Abs. 1 FamGKG KostVerz. in Höhe von 73,00 EUR angefallen (vgl. Beispiel 1). Das Verfahren hat sich durch den Mehrvergleich s...