Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsgebührenbegrenzung bie Vergleich über nicht anhängige Gegenstände
Leitsatz (redaktionell)
Bei entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 3 GKG fällt eine Vergleichsgebühr nicht an, wenn und soweit die Mitwirkung des Gerichts bereits durch die (höhere) Verfahrensgebühr mit abgegolten ist. Nur soweit der Vergleichsgegenstand den Wert des Streitgegenstandes übersteigt, fällt die Vergleichsgebühr an, die wiederum an die Stelle der Verfahrensgebühr tritt, die dann nicht anfällt.
Normenkette
GKG § 36 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Siegburg (Beschluss vom 03.07.2009; Aktenzeichen 314 F 70/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten vom 11.8.2009 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Siegburg vom 3.7.2009 - 314 F 70/08 - abgeändert und wie folgt gefasst:
Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenansatz des AG Siegburg vom 3.2.2009 - 314 F 70/08 - (Gerichtskostenrechnung vom 3.2.2009 Nr. 55603314 F 000070/2008 002) dahin abgeändert, dass die Gerichtsgebühr KV Nr. 1900 Abschluss eines Vergleichs (16,25 EUR, je Kostenschuldner 8,13 EUR) entfällt. Im Übrigen bleibt es bei dem Kostenansatz.
Gründe
I. Das AG hat den Wert des Verfahrens auf 52.494 EUR und den Mehrwert für den Vergleich auf 1.500 EUR festgesetzt.
In der Gerichtskostenrechnung vom 3.2.2009 ist gem. Nr. 1210 i.V.m. Nr. 1211 GKG-Kostenverzeichnis eine Gebühr von 556 EUR und für den Vergleich gem. Nr. 1900 GKG-Kostenverzeichnis eine Gebühr von 16,25 EUR angesetzt worden. Die gegen den Kostenansatz von der Beklagten eingelegte Erinnerung, die gegen den (hälftigen) Ansatz der Vergleichsgebühr neben der Verfahrensgebühr gerichtet ist, hat das AG zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zugelassenen Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Vorschrift des § 36 Abs. 3 GKG müsse auch auf das Verhältnis von Verfahrens- zu Vergleichsgebühr angewendet werden, weil die Vergleichsgebühr der Verfahrensgebühr wesensgleich sei. Im Ergebnis dürfe das Gebührenaufkommen nicht höher sein als eine Gebühr aus dem höchsten Gebührensatz. Ansonsten sei der Anwalt gegebenenfalls gezwungen, den Vergleichsgegenstand zunächst einmal gerichtlich anhängig zu machen, um Gerichtskosten zu reduzieren.
Die Bezirksrevisorin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie hält die Gebührenarten für nicht wesensgleich; bei der Vergleichsgebühr handele es sich um eine Aktgebühr, die zusätzlich zu erheben sei.
II. Die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 36 Abs. 3 GKG wird nicht einheitlich beantwortet.
Sie wird im Ergebnis vom OLG München in einer Entscheidung vom 10.12.2008 abgelehnt (11 W 2504/08; MDR 2009, 894 = JurBüro 2009, 491 = AGS 2009, 491 = OLGR 2009, 722). Die Vergleichsgebühr sei jeweils anzusetzen. Es sei allein auf den Wert abzustellen, um den der Vergleichsgegenstand den Verfahrensgegenstand übersteige. Die Vergleichsgebühr sei eine bewusst geschaffenen eigenständige Handlungs- oder Aktgebühr, mit der pauschal die Mitwirkung des Gerichts abgegolten werden solle, nicht aber eine Verfahrensgebühr. Dem verminderten Aufwand des Gerichts sei durch die Ermäßigung der Gebühr auf 0,25 hinreichend Rechnung getragen.
Soweit in der Literatur zu der Frage Stellung genommen wird, wird die Auffassung vertreten, die Vorschrift des § 36 Abs. 3 GKG sei entsprechend anzuwenden. Diese Sichtweise vertritt neben dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten (NJW-Spezial 2008, 571 und Anmerkung zu dem erwähnten Beschluss des OLG München in AGS 2009, 493 sowie zum gleichlautenden § 30 Abs. 3 FamGKG in Schneider/Wolf/Volpert Familiengerichtskostengesetz, § 30 FamGKG Rz. 46; Nr. 1500 KV Rz. 33) auch Volpert (AGS 2010, 53) sowie Rechtsanwalt Dr. Q., der für die RAK L. Fortbildungsmaßnahmen veranstaltet, in seinem Skript.
III. Die Beschwerde ist in der Sache begründet.
Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung, die § 36 Abs. 3 GKG entsprechend anwendet. Zutreffend ist zwar, dass es sich bei der Verfahrensgebühr und der Vergleichsgebühr um vom Ansatz her unterschiedlich konzipierte Gebühren handelt. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich bei einer Erledigung durch Vergleich die Verfahrensgebühr lediglich auf 1,0 reduziert, wohingegen die Vergleichsgebühr gerade einmal 0,25 beträgt. Auch wenn man § 36 Abs. 3 GKG entsprechend anwendet, hat das in vielen Fällen, in denen die Verfahrensgebühr nach den zusammengerechneten Werten berechnet und ein Gebührensprung erreicht wird, zur Folge, dass die auf einer solchen Grundlage nach Vergleichsschluss errechnete 1,0 Verfahrensgebühr höher liegt als die Verfahrensgebühr von 1,0 ohne den Mehrvergleichsgegenstand zzgl. der Vergleichsgebühr von 0,25 aus dem Mehrwert. Eine Kappung über § 36 Abs. 3 GKG wird danach vor allem in solchen Fällen, in denen der Mehrvergleich bei einer Zusammenrechnung beider Werte zu keinem Gebührensprung bei der Verfahrensgebühr führt, geringere Gerichtsgebühren zur Folge haben.
Ungeachtet der unterschiedlichen Ausgestaltung der Gebührentatbestände entspricht die entsprechende Anwe...