ZPO §§ 91, 137, 138, 139, 278, 279, 511 ff
Leitsatz
- Die durch Teilnahme an einem Gerichtstermin veranlassten Reisekosten einer Partei sind grundsätzlich erstattungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob sie anwaltlich vertreten oder ihr persönliches Erscheinen angeordnet war.
- Bei der Notwendigkeit von Parteireisen zur Information des Prozessbevollmächtigten ist zwischen erster und zweiter Instanz zu differenzieren, weil im Berufungsverfahren Tatsachenfragen häufig nicht mehr bedeutsam sind.
OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2009–14 W 442/09
Sachverhalt
Der Beklagte hatte im Kostenfestsetzungsverfahren u.a. Reisekosten geltend gemacht, die das Gericht abgesetzt hat. Auf seine Beschwerde hin hat das OLG den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, da zur Erforderlichkeit der Reisekosten zum Teil noch Aufklärungsbedarf bestand.
Aus den Gründen
Das LG hat nicht beachtet, dass der Beklagte auch Reisekosten geltend macht. Die Reisen wurden zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen und zur Information des Prozessbevollmächtigten erster Instanz durchgeführt. Hinsichtlich der Reisekosten ist folgendes zu sehen:
a) Durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin veranlasste Reisekosten einer Partei sind grundsätzlich erstattungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob sie anwaltlich vertreten oder ihr persönliches Erscheinen angeordnet ist. Da der Grundsatz der Mündlichkeit in einer Gerichtsverhandlung mit Rede und Gegenrede seine ureigenste Ausprägung findet und der Partei dort auch im Anwaltsprozess auf Antrag das Wort zu erteilen ist (§ 137 Abs. 4 ZPO), sind der Partei Reisekosten zu erstatten, die ihr die Anwesenheit in einem gerichtlichen Termin ermöglichen. Die persönliche Anwesenheit der Partei ist vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts, über die Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2 ZPO) hinaus in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits hinzuwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO), und der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts, die sich insbesondere durch die Ausübung des Fragerechts in der mündlichen Verhandlung verwirklicht (§ 279 Abs. 3, § 139 ZPO), aus Gründen der Prozessökonomie vielfach sachgemäß und zielführend. Schlichtungsbemühungen des Gerichts und die erschöpfende Wahrnehmung der richterlichen Aufklärungs- und Hinweispflicht gelingen nicht selten am ehesten, wenn das Gericht unmittelbar mit den Parteien das Streitverhältnis und das Für und Wider einer einvernehmlichen Lösung in der mündlichen Verhandlung erörtert. Daher sind die durch die persönliche Teilnahme an Gerichtsterminen verursachten Reisekosten einer Partei erstattungsfähig (std. Rspr. des Senats).
Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass der Beklagte bei drei mündlichen Verhandlungen, für deren Wahrnehmung er Reisekosten begehrt, neben seinem Prozessbevollmächtigten anwesend war. Die jeweiligen Fahrtkosten muss ihm der Kläger erstatten.
b) Gleiches kommt hinsichtlich der Kosten der Informationsreisen zum erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in Betracht. Dass derartige Reisen durchgeführt wurden und jeweils erforderlich waren, ist indes bisher nicht belegt. Das insoweit Versäumte nachzuholen ist zwar grundsätzlich Sache des Beklagten. Allerdings ist ebenso denkbar und ausreichend, dass sein Prozessbevollmächtigter dem Gericht die behaupteten Besprechungstermine bestätigt. Der Senat hat den Prozessstoff geprüft und ist hiernach überzeugt, dass dem Beklagten eine ausschließlich schriftliche Information seines erstinstanzlichen Bevollmächtigten nicht zuzumuten war.
c) Hinsichtlich der Informationsreisekosten zweiter Instanz hat der Rechtspfleger richtig entschieden. Dass Rechtsanwalt B. "ein persönliches Treffen in seiner Kanzlei anordnete" (so der Beschwerdevortrag), macht die Fahrtkosten nicht zu notwendigem Prozessaufwand. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, welcher Sachgrund in zweiter Instanz eine persönliche Besprechung erforderte, nachdem das OLG dem Kläger eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO angedroht hatte.
Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Jeder Partei muss es freistehen, an ihrem eigenen Verfahren teilzunehmen. Die Notwendigkeit einer Terminsreise hängt nie davon ab, ob das Gericht das persönliche Erscheinen für erforderlich hält oder nicht. Dies gilt insbesondere für Beweisaufnahmetermine. Wer anders als die Partei selbst kann einem Zeugen Vorhaltungen machen und gegebenenfalls Widersprüche aufdecken. Auch im Rahmen einer Verhandlung kann eine Partei in der Regel immer zur Aufklärung und Erläuterung des Sachverhaltes beitragen, abgesehen davon, dass nie vorherzusehen ist, welche Fragen sich im Termin stellen werden.
Selbst bei einem Protokollierungstermin kann es sinnvoll sein, dass die Partei mit anreist. Wenn sich im Rahmen der Protokollierung Fragen ergeben, können diese sofort geklärt werden.
Hat die Partei am Termin teilgenommen, so stehen ihr Reisekosten zu. Diese setzen sich zusammen aus den Fahrtkosten und den sonstigen Kosten anlässlich einer Reise. Darüber hinaus wird aus Anlass einer Reise auch eine Au...