Das KG argumentiert richtig, soweit es den Übergang von einem Antrag auf Aufhebung der Ehe zum Scheidungsantrag gebührenrechtlich als eine Angelegenheit bewertet wissen will und der Rechtsanwalt die Gebühren insoweit nur einmal fordern kann (§ 15 Abs. 2 S. 1 RVG).

Die Schlussfolgerung eines sich daraus herleitenden Verbots der Wertaddition zieht es falsch:

Das KG meint, der Grundsatz der Zusammenrechnung gelte nicht ausnahmslos und insbesondere dann nicht, wenn wirtschaftliche Identität bestehe. Eine Zusammenrechnung habe zu unterbleiben, weil neben dem Anspruch "Aufhebung der Ehe" ein anderer, nämlich "Scheidung der Ehe" geltend gemacht werde, der auf dasselbe Interesse ausgerichtet sei. Denn sowohl der Aufhebungsantrag als auch der Scheidungsantrag zielten auf die Auflösung der ehelichen Bindung und seien somit auf ein identisches Interesse gerichtet. Dementsprechend bilde auch ein ursprünglich erhobener Ehescheidungsantrag mit einem späteren Antrag auf Aufhebung der Ehe ein einheitliches Verfahren, für das eine Wertaddition nicht in Betracht komme.

Diese Auffassung ist abzulehnen. Ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob die zur wirtschaftlichen Identität entwickelten Grundsätze auf nichtvermögensrechtliche Verfahren überhaupt übertragbar sind, ist das Interesse bei Scheidung und Aufhebung der Ehe bereits nicht identisch. Denn die Folgen der Aufhebung einer Ehe richten sich nur unter den Voraussetzungen des § 1318 Abs. 2 BGB nach den Vorschriften über die Scheidung der Ehe und es kann gerade deshalb zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Folgen kommen, je nachdem, ob die Ehe aufgehoben oder geschieden wird. Aus gutem Grunde ist hier ja auch eine unterschiedliche Terminologie gewählt worden.

Einer Zusammenrechnung steht insoweit auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Übergang eines Antrages auf Aufhebung der Ehe zu einem Antrag auf Scheidung der Ehe gebührenrechtlich um eine Angelegenheit handelt. Denn der Begriff der Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG ist nicht identisch mit dem Begriff des Verfahrensgegenstandes, auch wenn es überwiegend der Fall sein kann, dass sich die gebührenrechtliche Angelegenheit mit dem Verfahrensgegenstand deckt.

Auch § 126 Abs. 3 FamFG, wonach nur die Aufhebung der Ehe auszusprechen ist, wenn in demselben Verfahren Aufhebung und Scheidung der Ehe begehrt werden und beide Anträge begründet sind, steht der Annahme nicht entgegen und bestätigt eher die gegenteilige Auffassung. Warum sollten Eheaufhebung und Ehescheidung weiterhin in demselben Verfahren geltend gemacht werden können, wenn es sich von vornherein um denselben Gegenstand handelt?

Die antragsgemäße Bescheidung des einen Antrags führt gerade nicht zur Zurückweisung des anderen Antrags.[1]

Zu addieren ist im Übrigen auch dann, wenn wechselseitig Scheidung und Aufhebung geltend gemacht werden (§ 39 Abs 1 S. 1 FamGKG). Auch in diesem Fall handelt es sich um verschiedene Verfahrensgegenstände.[2] Entsprechend ist vorzugehen, wenn zunächst Scheidung und dann die Aufhebung der Ehe beantragt wird.[3]

FAFamR Lotte Thiel, Koblenz

[2] N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn 1713; Schneider/Wolf/Volpert, § 14 Rn 74; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.6.2001 – 5 WF 40/01 , OLGR 2001, 492 = AGS 2002, 38 = FamRZ 2002, 255 = EzFamR aktuell 2002, 43 = AGS 2002, 156.
[3] Schneider/Wolf/Volpert, § 14 Rn 75.

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