Durch Nr. 4102 VV wird geregelt, dass der Verteidiger für die Teilnahme an bestimmten Terminen eine Terminsgebühr erhält. Hierin ist der Erörterungstermin nach § 202a S. 1 StPO nicht enthalten.

Das RVG enthält zunächst keine dem früheren § 2 BRAGO vergleichbare Vorschrift, welche eine in Betracht kommende sinngemäße Anwendung der BRAGO-Vorschriften grundsätzlich vorsah. Auf der anderen Seite ist dem RVG jedoch auch keine Regelung dahingehend zu entnehmen, dass eine analoge Anwendung für den Bereich der Gebührenvorschriften gänzlich ausgeschlossen ist.

Über die zu entscheidende Rechtsfrage liegt bislang – soweit ersichtlich – keine veröffentlichte Rspr. vor. Das Gericht ist der Auffassung, dass für den Fall der Teilnahme eines Verteidigers an einem Erörterungstermin nach § 202a S. 1 StPO eine analoge Anwendung von Nr. 4102 Nr. 1 und 3 VV geboten ist (a.A. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 19. Aufl., Nr. 4102 VV Rn 5 a.E.). Insoweit ist nämlich von einer planwidrigen Regelungslücke durch den Gesetzgeber auszugehen. Die analoge Anwendung im Bereich der Terminsgebühr ist in der Rspr. bereits anerkannt (LG Offenburg NStZ-RR 2006, 358 [Teilnahme des Verteidigers an einem Termin zur Exploration des Beschuldigten durch einen psychiatrischen Sachverständigen]).

Durch Nr. 4102 VV wurde vorgesehen, Terminsgebühren für die Teilnahme des Verteidigers an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung in Bezug auf alle Verfahrensabschnitte zu gewähren (BT-Drucks 15/1971 zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, S. 222). Der in Nr. 4102 Nr. 1 und 3 VV getroffenen Regelung ist die Bewertung des Gesetzgebers zu entnehmen, dass bei richterlichen Terminen, denen eine substanzielle Verfahrensbedeutung zukommt, eine Terminsgebühr anfällt. Letztlich scheiden bei richterlichen Terminen lediglich die bloßen Haftbefehlsverkündungstermine aus (Gerold/Schmidt, a.a.O. Rn 13 m.w.Nachw. aus der Rspr.). Diese Rechtslage ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Nr. 4102 Nr. 3 VV, wonach ein "Verhandeln" erforderlich ist. Werden allerdings vor dem Aufruf der Sache zur Haftbefehlsverkündung längere und auch eingehende sachbezogenen Erörterungen, u.a. zu den Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung, zu den Untersuchungshaftbedingungen und dergleichen, vorgenommen, entsteht die Terminsgebühr gem. Nr. 4102 Nr. 3 VV gleichwohl (LG Düsseldorf, Beschl. v. 25.3.2005 – Qs 9/04).

Einem Erörterungstermin nach § 202a S. 1 StPO – die Vorschrift wurde durch das am 4.8.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 eingefügt (BGBl I S. 2353) – kommt eine für das Strafverfahren bedeutsame Rolle zu. Durch Stärkung der kommunikativen Elemente im Strafverfahren soll hierdurch insbesondere abgeklärt werden, ob im gerichtlichen Verfahren eine Verständigung nach § 257c StPO in Betracht kommt (BT-Drucks 16/12310 zum Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren, Seite 2; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 202a Rn 2). In diesen Erörterungsterminen ist vorgesehen, dass die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert wird. Die Verfahrensbedeutung bei der Teilnahme des Verteidigers am Erörterungstermin nach § 202a S. 1 StPO ist mithin den in Nr. 4102 Nr. 1 und 3 VV geregelten Terminen außerhalb der Hauptverhandlung derart offenkundig vergleichbar, dass eine Lückenschließung im Wege der Rechtsanalogie geboten ist. Dabei ist zwar zu sehen, dass der Gesetzgeber beim Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren von keinen finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte ausging (BT-Drucks a.a.O.). Aus dieser – ganz allgemeinen – Bewertung kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Frage einer Terminsgebühr für Termine nach § 202a S. 1 StPO durch den Gesetzgeber überhaupt in den Blick genommen wurde. Stattdessen liegt auf der Hand, dass dieser mögliche Umstand ebenso unbeachtet blieb wie die nahe liegende Erwägung, Nr. 4102 VV zu ergänzen. Bezeichnenderweise verhält sich die Gesetzesbegründung zu diesen Fragen nicht.

Allgemein kommt ferner hinzu, dass das RVG konstruktive anwaltliche Mitwirkung am Verfahren gebührenrechtlich zusätzlich berücksichtigt (vgl. Nr. 4141 VV). Vorbereitende Erörterungen sind geeignet, die Dauer der Hauptverhandlung gegebenenfalls entscheidend zu verkürzen.

Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Verteidiger hatte somit Anspruch auf eine Terminsgebühr in Höhe von 137,00 EUR (Nrn. 4102, 4103 VV) zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, mithin insgesamt 163,02 EUR.

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