Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung i.H.v. 413,64 EUR aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 253 BGB.
1. Notwendige Kosten der Rechtsverfolgung, überhaupt alle Aufwendungen, die bei der gegebenen Sachlage zur Schadenabwendung und Schadenbeseitigung vernünftig und zweckmäßig erscheinen, sind zu ersetzen (vgl. BGH NJW 1986, 2243). Zu den nach § 249 S. 1 BGB zu ersetzenden Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung gehören grds. auch die Kosten der Einschaltung eines Rechtsanwalts (BGH NJW 1995, 446; VersR 2005, 558, 559). Voraussetzung ist zum einen, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt zur Zahlung der Kosten verpflichtet ist, und zum anderen, dass die Kosten für den Geschädigten im Außenverhältnis zum Schädiger mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig sind (std. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 ff.).
Vorliegend wäre die vorgerichtliehe Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB gewesen.
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist – nur dann – nicht "erforderlich", wenn es allein um die Meldung des Schadens und die Geltendmachung von Ersatz in einfach gelagerten Fällen, in denen die Haftung nach Grund und Höhe eindeutig ist, geht. Hier wird der verständige, wirtschaftlich vernünftig handelnde Geschädigte – auch bei mangelnder geschäftlicher Erfahrung – allein tätig werden (Geigel/Knerr, Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 2015, § 249 BGB Rn 115, beck-online).
Wie bereits die vielfältige Befassung der ordentlichen Gerichte mit Verkehrsunfällen zeigt, ist die Rechtslage bei Verkehrsunfällen äußerst diffizil und für den Laien kaum zu erfassen. Aus diesem Grund ist es absolut üblich, dass Unfallgeschädigte anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Dass es sich vorliegend nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt, ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte die im Schadensgutachten des Sachverständigenbüros kalkulierten Reparaturkosten der Höhe nach nicht anerkannt hat, sondern stattdessen Kürzungen vorgenommen hat. Folglich war und ist die Haftung der Höhe nach nicht eindeutig.
2. Das Gericht geht auch davon aus, dass bei einer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers der Beklagte dessen Kostennote i.H.v. 413,64 EUR anstandslos ausgeglichen hätte.
Es kann jedoch keinen rechtlichen Unterschied machen, ob sich ein Unfallgeschädigter von einem Rechtsanwalt beraten lässt oder von einer anderen Stelle, welche gem. RDG zur Erbringung von rechtlichen Beratungsleistungen ermächtigt ist. Sowohl kostenmäßig als auch qualitativ macht es für einen Kfz-Haftpflichtversicherer keinen Unterschied, ob es nun mit einem (zugelassenen) Rechtsanwalt oder mit einem registrierten Inkassobüro korrespondiert (zumal, wenn für dieses ein juristischer Assessor – also ein Volljurist ohne Rechtsanwaltszulassung – handelt). Erst wenn nach der oder parallel zur Tätigkeit des Inkassobüros auch noch ein Rechtsanwalt tätig wird, ist kostenmäßig zu differenzieren (siehe dazu sogleich unter II.). Soweit aber ausschließlich ein Inkassobüro zur Schadensregulierung eingeschaltet wird, sind die hierfür entstehenden Kosten erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB.
Der Kläger begehrt daher berechtigt die Freistellung vom Beklagten.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Bei der Frage der (zusätzlichen) vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Beitreibung der notwendigen Kosten der vorgerichtlichen Vertretung durch ein Inkassobüro ergibt sich nun doch ein Unterschied zwischen der Beauftragung eines Inkassobüros mit der Schadensregulierung und der anfänglichen Beauftragung eines Rechtsanwalts. Unabhängig davon, dass die Rechtsanwaltskosten bereits nach einem unzutreffenden Streitwert ermittelt wurden, wären bei der unmittelbaren Beauftragung des jetzigen Prozessbevollmächtigten die nun zusätzlich begehrten Rechtsanwaltskosten nicht angefallen. Denn die Kosten für die vorgerichtliche Beratung (sprich in der Regel die Rechtsanwaltskosten des mit der Schadensregulierung beauftragten Anwaltes) stellen eine Nebenforderung zum Unfallschaden da und bilden daher keinen eigenen Streitgegenstand, sodass für deren Geltendmachung auch keine weiteren Gebühren entstehen.
Der Kläger hatte somit gegen seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB verstoßen, indem er nach der Beauftragung der Inkasso GmbH als Inkassobüro zusätzlich noch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragt hat. Die hierfür zusätzlich entstandenen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig.
AGS 2/2019, S. 93 - 94