Zahlt der Schuldner erst nach Aufhebung bzw. Einstellung des Insolvenzverfahrens, d.h. in der Wohlverhaltensphase, die Verfahrenskosten und stellt der Rechtsanwalt des Insolvenzschuldners daraufhin einen Antrag auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung, so gilt das unter IV. 2.3 Gesagte entsprechend. Sowohl der Rechtsanwalt des Schuldners bzw. des Insolvenzgläubigers erhält Verfahren über den Antrag auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung eine gesonderte 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3403 VV neben der 1,0-Verfahrensgebühr für die Vertretung im Insolvenzverfahren. Auch hierbei ist die unterschiedliche Wertermittlung zu beachten:

Wird der Rechtsanwalt vom Insolvenzschuldner mit der Stellung eines Antrags auf vorzeitige Restschuldbefreiung beauftragt, so bestimmt sich der Wert analog § 28 Abs. 1 RVG nach dem Wert der Insolvenzmasse. Bei Vertretung eines Insolvenzgläubigers, bemisst sich der Wert nach dem Nennwert der Forderung gem. § 28 Abs. 2 RVG analog.

 

Beispiel 20: Rechtsanwalt vertritt Insolvenzschuldner in Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensphase: Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung

Über das Vermögen des Schuldners wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Rechtsanwalt R vertritt den Schuldner zunächst im Insolvenzverfahren. Insgesamt wurden Forderungen von 70.000,00 EUR zur Insolvenztabelle festgestellt. Das Verfahren ist masselos und wird aufgehoben. Erst im Laufe der Wohlverhaltensphase führt der Arbeitgeber des Schuldners an den Treuhänder insgesamt pfändbare Beträge i.H.v. 6.000,00 EUR ab. An Verfahrenskosten sind insgesamt 3.000,00 EUR entstanden. Da die Verfahrenskosten aus der Masse beglichen werden können, beantragt R für den Insolvenzschuldner die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung.

Der Wert der Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO beträgt 0,00 EUR. Insofern kann R nur die Mindestvergütung aus einem Wert bis 500,00 EUR verlangen (§ 13 RVG).

R kann wie folgt abrechnen:

 
1. Vertretung im Insolvenzverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3317 VV 45,00 EUR
  (Wert: bis 500,00 EUR)  
  (§ 28 Abs. 1 RVG, § 35 Abs. 1 InsO)  
2. Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV 9,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 10,26 EUR
Gesamt 64,26 EUR
 
2. Vertretung im Verfahren auf vorzeitige Restschuldbefreiung
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV 36,00 EUR
  (Wert: bis 500,00 EUR)  
  (§ 28 Abs. 1 RVG analog, § 35 Abs. 1 InsO)  
2. Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV 7,20 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 8,20 EUR
Gesamt 51,40 EUR
 

Beispiel 21: Rechtsanwalt vertritt Insolvenzgläubiger in Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensphase: Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung

Über das Vermögen des Schuldners wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Rechtsanwalt R vertritt den Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren und meldet eine Forderung von 5.000,00 EUR zur Insolvenztabelle. Das Verfahren wird aufgehoben. An Verfahrenskosten sind insgesamt 3.000,00 EUR entstanden. In der anschließenden Wohlverhaltensphase erhält R den Auftrag zum Antrag des Schuldners auf Erteilung der vorzeitigen Restschuldbefreiung Stellung zu nehmen, da die Verfahrenskosten vom Ehegatten des Schuldners gezahlt und daher beglichen werden können.

R kann wie folgt abrechnen:

 
1. Vertretung im Insolvenzverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3317 VV 303,00 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)  
  (§ 28 Abs. 2 RVG)  
2. Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 61,37 EUR
Gesamt 384,37 EUR
 
2. Vertretung im Verfahren auf vorzeitige Restschuldbefreiung
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV 242,40 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)  
  (§ 28 Abs. 2 RVG analog)  
2. Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 49,85 EUR
Gesamt 312,25 EUR

Autor: Dipl.-Rpfleger Peter Mock, Koblenz

AGS 2/2020, S. 53 - 63

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