RVG §§ 56, § 33 Abs. 3 S. 1
Leitsatz
Gegenstand des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht die einzelne Gebühr. Die Überprüfung wird begrenzt durch den vom Rechtsanwalt gestellten Antrag einerseits und das Verböserungsverbot der reformatio in peius andererseits. Dieser Grundsatz führt dazu, dass im Erinnerungsverfahren mangels einer weitergehenden Erinnerung durch die Staatskasse der vom Urkundsbeamten festgesetzte Betrag nicht unterschritten werden darf.
Thüringer LSG, Beschl. v. 9.10.2019 – L 1 SF 227/19 B
1 Aus den Gründen
Die statthafte und zulässige Beschwerde (vgl. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG) ist nicht begründet.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Vergütung für das Verfahren S 20 AS 2422/13 auf 273,11 EUR festzusetzen ist. Auf die zutreffenden Gründe des SG wird in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 S. 3 SGG verwiesen.
Hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Verfahrens- und Terminsgebühr lassen sich dem Beschwerdevorbringen keine substantiierten Einwendungen entnehmen. Mit der ausführlichen Begründung des SG setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht hinreichend auseinander.
Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verstoß gegen das Verböserungsverbot liegt nicht vor. Denn Gegenstand des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr (vgl. Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 56 Rn 7; Hartmann, KostG, 48. Aufl., 2018, § 56 RVG Rn 9). Begrenzt wird die Überprüfung allerdings ggfs. durch den Antrag des Rechtsanwalts (vgl. ThürLSG Beschl. v. 7.4.2015 – L 6 SF 145/15 B) und das Verbot der "reformatio in peius" (vgl. Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 56 Rn 7). Legt die Staatskasse selbst keine Erinnerung oder Beschwerde ein, garantiert letzteres die Festsetzung auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz bzw. durch den Urkundsbeamten zuerkannten Gebühren (vgl. Senatsbeschluss v. 30.1.2019 – L 1 SF 1521/18 BRG; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.2.2014 – L 2 AS 432/13 B), nicht jedoch die – nicht angegriffene – Höhe einzelner Gebühren (vgl. Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 56 Rn 7). Die Staatskasse hat mit Schriftsatz vom 13.12.2017 Erinnerung nach § 56 RVG eingelegt. Sie hat zwar die Gesamthöhe der dem Beschwerdeführer aus ihrer Sicht zustehenden Gebühren und Auslagen nicht beziffert. Sie hat in der Erinnerung aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Verfahrensgebühr auf 85,00 EUR und die Terminsgebühr auf 100,00 EUR (jeweils die Hälfte der Mittelgebühr, während die Urkundsbeamtin die ungekürzte Mittelgebühr festgesetzt hat) festzusetzen sind. Daher war das SG berechtigt, in seinem Beschluss die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 273,11 EUR festzusetzen. Der Grundsatz der reformatio in peius führt nur dazu, dass im Erinnerungsverfahren mangels weitergehender Einlegung einer Erinnerung durch die Staatskasse dieser Betrag durch das SG nicht hätte unterschritten werden dürfen.
AGS 2/2020, S. 85 - 86