Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten. Berücksichtigung des Verböserungsverbots
Orientierungssatz
1. Gegenstand des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht die einzelne Gebühr. Die Überprüfung wird allerdings ggf durch den Antrag des Rechtsanwalts und das Verbot der "reformatio in peius" begrenzt.
2. Legt die Staatskasse selbst keine Erinnerung oder Beschwerde ein, garantiert letzteres nur die Festsetzung auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz bzw durch den Urkundsbeamten zuerkannten Gebühren (vgl LSG Erfurt vom 30.1.2019 - L 1 SF 1521/18 BRG und LSG Essen vom 26.2.2014 - L 2 AS 432/13 B), nicht jedoch die - nicht angegriffene - Höhe der einzelnen Gebühren.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 13. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
Die statthafte und zulässige Beschwerde (vgl. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG) ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Vergütung für das Verfahren S 20 AS 2422/13 auf 273,11 € festzusetzen ist. Auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts wird in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verwiesen.
Hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Verfahrens- und Terminsgebühr lassen sich dem Beschwerdevorbringen keine substantiierten Einwendungen entnehmen. Mit der ausführlichen Begründung des Sozialgerichts setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht hinreichend auseinander.
Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verstoß gegen das Verböserungsverbot liegt nicht vor. Denn Gegenstand des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens nach § 56 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr (vgl. Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2015, § 56 Rdnr. 7; Hartmann in Kostengesetze, 48. Auflage 2018, § 56 RVG Rdnr. 9). Begrenzt wird die Überprüfung allerdings ggf. durch den Antrag des Rechtsanwalts (vgl. ThürLSG Beschluss vom 7. April 2015 - L 6 SF 145/15 B) und das Verbot der „reformatio in peius“ (vgl. Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2015, § 56 Rdnr. 7). Legt die Staatskasse selbst keine Erinnerung oder Beschwerde ein, garantiert letzteres die Festsetzung auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz bzw. durch den Urkundsbeamten zuerkannten Gebühren (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2019 - L 1 SF 1521/18 BRG, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Februar 2014 - L 2 AS 432/13 B, juris), nicht jedoch die - nicht angegriffene - Höhe einzelner Gebühren (vgl. Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2015, § 56 Rdnr. 7). Die Staatskasse hat mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2017 Erinnerung nach § 56 RVG eingelegt. Sie hat zwar die Gesamthöhe der dem Beschwerdeführer aus ihrer Sicht zustehenden Gebühren und Auslagen nicht beziffert. Sie hat in der Erinnerung aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Verfahrensgebühr auf 85,00 € und die Terminsgebühr auf 100,00 € (jeweils die Hälfte der Mittelgebühr, während die Urkundsbeamtin die ungekürzte Mittelgebühr festgesetzt hat) festzusetzen sind. Daher war das Sozialgericht berechtigt, in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2018 die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 273,11 Euro festzusetzen. Der Grundsatz der reformatio in peius führt nur dazu, dass im Erinnerungsverfahren mangels weitergehender Einlegung einer Erinnerung durch die Staatskasse dieser Betrag durch das Sozialgericht nicht hätte unterschritten werden dürfen.
Die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. Satz 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 Satz1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Fundstellen
AGS 2020, 85 |
RVGreport 2020, 95 |