GKG § 52 Abs. 1; StVZO § 69a Abs. 5 Nr. 4, 4a
Leitsatz
Bei der Streitwertfestsetzung im Rahmen einer gegen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage für eine Vielzahl von Fahrzeugen gerichteten Klage ist kein "Mengenrabatt" zu gewähren. Eine Fahrtenbuchauflage hat für jedes Fahrzeug vielmehr eine selbstständige rechtliche Bedeutung, wie sich aus § 69a Abs. 5 Nr. 4 und 4a StVZO ergibt.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.11.2019 – 8 E 802/19
1 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde der Klägerin, über die die Berichterstatterin nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 6 S. 1 Hs. 2 GKG als Einzelrichterin entscheidet (vgl. zur Einzelrichterzuständigkeit im Beschwerdeverfahren, wenn erstinstanzlich – wie hier – eine Entscheidung durch den Berichterstatter ergangen ist: OVG NRW, Beschl. v. 26.10.2018 – 17 E 668/18, Abdruck S. 2), ist unbegründet.
Gem. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Daher darf das Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung den Wert des Streitgegenstandes schätzen, gleichartige Streitigkeiten weitgehend schematisieren und typisieren sowie pauschalieren. Nach Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ist bei einer Streitigkeit wegen einer Fahrtenbuchauflage ein Wert von 400,00 EUR je Monat anzusetzen. Hiermit soll der Aufwand abgebildet werden, den der Adressat der Fahrtenbuchauflage mit der handschriftlichen Führung des Fahrtenbuchs hat.
Der sich hieraus unter Berücksichtigung der Kostenfestsetzung (133,50 EUR) ergebende Betrag für neun Monate und zwölf Fahrzeuge von 43.333,50 EUR ist nicht mit Blick darauf zu reduzieren, dass mehrere Fahrzeuge von der Fahrtenbuchauflage betroffen sind. Ein "Mengenrabatt" aus Billigkeitsgründen ab dem elften Fahrzeug (vgl. OVG NRW, Urt. v. 10.9.1997 – 25 A 4812/96, juris Rn 9 f., unter Bezugnahme auf die Rspr. des Bayerischen VGH, Beschl. v. 21.4.1994 – 11 C 94.1062, DAR 1994, 335 f., u. v. 26.10.2001 – 11 ZS 01.2008, juris Rn 13, in Anlehnung an die Rspr. zum Asylrecht) ist nicht zu gewähren. Die Fahrtenbuchauflage hat für jedes Fahrzeug eine selbstständige rechtliche Bedeutung, wie sich aus § 69a Abs. 5 Nr. 4 und 4a StVZO ergibt. Die Ordnungswidrigkeitentatbestände knüpfen an die Verletzung der Pflichten hinsichtlich jedes einzelnen Fahrtenbuchs an. Der Aufwand oder die Belastung verringert sich nicht dadurch, dass die Klägerin die für das Fahrtenbuch erforderlichen Eintragungen mehrfach zu leisten hat. Vor diesem Hintergrund relativiert sich auch nicht die Einzelfallbedeutung aufgrund der Vielzahl der zu führenden Bücher. Die Rspr. zur Streitwertfestsetzung bei Asylverpflichtungsklagen mit einheitlichem Lebenssachverhalt und gleichen Asylgründen ist auf die Streitwertfestsetzung im Rahmen der Fahrtenbuchauflage unter Berücksichtigung des Vorstehenden nicht übertragbar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.11.2015 – 10 S 2047/15, juris Rn 3 ff. [= AGS 2016, 89]; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.1.2013 – 3 M 727/12, juris Rn 5).
Billigkeitsgründe gebieten keine Streitwertdegression, da die Gebührentabellen nach dem GKG und dem RVG degressiv ausgerichtet sind, sodass die Einräumung eines weiteren "Rabattes" nicht erforderlich ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.11.2015 – 10 S 2047/15, juris Rn 4; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.1.2013 – 3 M 727/12, juris Rn 5).
AGS 2/2020, S. 82