[Ohne Titel]
Am 1.1.2021 ist das KostRÄG 2021 v. 21.12.2020 in Kraft getreten. Dieser Beitrag stellt die wichtigsten Änderungen für Verteidiger/Rechtsanwälte, die in Straf- oder Bußgeldsachen tätig werden, vor.
I. Gesetzgebungsverfahren
Nachdem die Bemühungen um ein 3. KostRMoG gescheitert waren, hat die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz im Sommer 2020 zumindest den Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts" (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) vorgelegt. Den hat die Bundesregierung am 16.9.2020 als Regierungsentwurf beschlossen und dem Bundesrat als besonders eilbedürftige Vorlage gem. Art. 76 Abs. 2 S. 4 GG zugeleitet. Im Bundestag ist das Gesetz am 29.10.2020 in erster Lesung beraten worden. Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf erstmals am 6.11.2020 beraten. Er hat den Entwurf weitgehend unverändert passieren lassen. Insbesondere hat man nicht der vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Verschiebung des Inkrafttretens des KostRÄG auf den 1.1.2023 zugestimmt. Der Bundestag hat das Gesetz dann am 27.10.2020 beschlossen, den Bundesrat hat es am 18.12.2020 passiert. Nach Verkündung im BGBl I, 3229, ist das Gesetz am 1.1.2021 in Kraft getreten. Die Änderungen/Erhöhungen gelten nach § 60 Abs. 1 RVG i.d.R. in Verfahren, in denen der Verteidiger ab 1.1.2021 beauftragt oder bestellt/beigeordnet worden ist.
II. Lineare Anhebung der Gebühren
1. Allgemeines
Zuletzt sind die anwaltlichen Gebühren im RVG durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 erhöht worden. Seitdem sind insbesondere auch die Kosten der Rechtsanwälte/Verteidiger für den Kanzleibetrieb erheblich gestiegen. U.a. deshalb und "im Interesse einer Teilhabe der Anwaltschaft an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung" hat der Gesetzgeber (endlich wieder) eine erneute Anhebung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung als erforderlich angesehen und umgesetzt. Diese Anhebung und Anpassung der gesetzlichen Anwaltsvergütung soll mit einer Kombination aus strukturellen "Verbesserungen" (?) im anwaltlichen Vergütungsrecht sowie einer linearen Erhöhung aller Gebühren des RVG um rund 10 Prozent erreicht werden. Als Kompensation für die "klammen" Landeskassen, bei denen sich diese Erhöhung bemerkbar macht, sind u.a. die Gerichtsgebühren ebenfalls linear um zehn Prozent angehoben worden.
2. Lineare Anhebung um rund 10 %
Die lineare Anhebung um rund 10 Prozent erfasst alle Gebührentypen des RVG, also alle Betragsrahmengebühren, die Wertgebühren der Nrn. 4142, 4143, 4144, 5116 VV und z.B. auch die Festgebühr der Nr. 4304 VV. Bei den Wertgebühren, für die die §§ 13, 49 RVG gelten, beträgt die Erhöhung in der untersten Wertstufe bis 500 EUR allerdings rundungsbedingt lediglich etwa 9 Prozent. Das Ausmaß der Erhöhungen verdeutlicht folgendes Beispiel:
Beispiel
Rechtsanwalt R ist für den Mandanten bereits vor Anklageerhebung im Ermittlungsverfahren tätig. Er verteidigt den Angeklagten nach Anklageerhebung in einer eintägigen Hauptverhandlung bei der Strafkammer beim LG. Gegen das LG-Urteil wird Revision eingelegt, die vom BGH verworfen wird.
Es ergibt sich folgende Gegenüberstellung altes/neues Recht, wobei Mittelgebühren zugrunde gelegt werden:
Wahlanwalt |
Gebührentatbestand |
Altes Recht |
Neues Recht |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
200,00 EUR |
220,00 EUR |
Verfahrensgebühr vorbereitendes Verfahren, Nr. 4104 VV |
165,00 EUR |
181,50 EUR |
Verfahrensgebühr gerichtliches Verfahren, Nr. 4112 VV |
185,00 EUR |
203,50 EUR |
Terminsgebühr Strafkammer, Nr. 4114 VV |
320,00 EUR |
352,00 EUR |
Verfahrensgebühr Revision, Nr. 4130 VV |
+ 615,00 EUR |
+ 676,50 EUR |
Gesamt |
1.485,00 EUR |
1.633,50 EUR |
Erhöhung somit ca. 10 % |
Pflichtverteidiger |
Gebührentatbestand |
Altes Recht |
Neues Recht |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
160,00 EUR |
176,00 EUR |
Verfahrensgebühr vorbereitendes Verfahren, Nr. 4104 VV |
132,00 EUR |
145,00 EUR |
Verfahrensgebühr gerichtliches Verfahren, Nr. 4112 VV |
148,00 EUR |
163,00 EUR |
Terminsgebühr Strafkammer, Nr. 4114 VV |
256,00 EUR |
282,00 EUR |
Verfahrensgebühr Revision, Nr. 4130 VV |
+ 492,00 EUR |
+ 541,00 EUR |
Gesamt |
1.188,00 EUR |
1.307,00 EUR |
Erhöhung somit ca. 10,01 % |
III. Änderungen im Paragrafenteil des RVG
1. Bestimmung einer Betragsrahmengebühr bei Gebührenanrechnungen (§ 14 Abs. 2 RVG)
In § 14 Abs. 2 RVG ist eine neue allgemeine Regelung für die Anrechnung von Betragsrahmengebühren eingeführt worden. Diese ersetzt die entfallenen Regelungen in Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 3 VV und in Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV. Nach dem neuen § 14 Abs. 2 RVG soll dann, wenn eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen ist, die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen sein, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen. In den Teilen 4 und 5 VV kann diese Regelung u.a. bei folgenden Anrechnungsvorschriften Auswirkungen haben:
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Abs. 2 der Anm. zu Nr. 4100 VV (... |