1. Gesetzliche Regelung
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Vorliegend hatte der der Klägerin im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt weder einen gerichtlichen noch einen außergerichtlichen Termin wahrgenommen oder eine Besprechung geführt. Aus diesem Grunde konnte ihm die geltend gemachte Terminsgebühr nur angefallen sein, wenn im VV RVG etwas "anderes bestimmt" ist. Das war hier die Regelung in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV. Danach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
2. Schriftlicher Vergleich
Ob unter einem schriftlichen Vergleich i.S.d. Gebührenregelung nur ein Prozessvergleich gemeint ist oder ob auch außergerichtliche Vergleiche hiervon erfasst werden, in deren Umsetzung durch Prozesserklärungen, etwa übereinstimmende Erledigungserklärungen oder eine Klagerücknahme, Erledigung einritt, ist in der Rspr. umstritten. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nach Auffassung des Hess. VGH (AGS 2020, 328 = RVGreport 2020, 269 [Hansens]) die Terminsgebühr auch dann angefallen, wenn der Vergleich nicht nur als Prozessvergleich, sondern auch auf andere Weise geschlossen wird. Demgegenüber hatte das OVG Berlin-Brandenburg bisher in ständiger Rspr. (s. Beschl. v. 29.11.2017 – OVG 6 K 89.17) die Auffassung vertreten, die Terminsgebühr falle nur bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nach § 106 S. 2 VwGO an.
3. Änderung der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg
An dieser Rspr. hat der 6. Senat des OVG Berlin-Brandenburg nicht mehr festgehalten.
a) Intention des Gesetzgebers
Die Änderung seiner Rspr. hat der Senat zunächst auf die Intention des Gesetzgebers gestützt, mit der Terminsgebühr auch unter dem Gesichtspunkt der Entlastung der Gerichte das erfolgreiche Bemühen des Prozessbevollmächtigten zu honorieren, durch einen Vergleich mit der Gegenseite eine mündliche Verhandlung zu vermeiden. Angesichts dieser Absicht des Gesetzgebers macht es nach Auffassung des OVG keinen Unterschied, ob ein Prozessvergleich angenommen wird oder ob – wie hier – auf Vorschlag des Gerichts oder auch ohne gerichtliche Initiative ein außergerichtlicher schriftlicher Vergleich geschlossen wird, in dessen Umsetzung das gerichtliche Klageverfahren ohne mündliche Verhandlung endet.
b) Änderung des RVG zum 1.1.2021
Ferner hat das OVG Berlin-Brandenburg seine Auffassung auf die zum 1.1.2021 in Kraft getretene Änderung des RVG durch das KostRÄG 2021 (BGBl I, 3229) gestützt. Infolge der Neuregelung in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV fällt die Terminsgebühr nunmehr unter folgenden Voraussetzungen an:
Zitat
"Die Gebühr entsteht auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein Vertrag im Sinne der Nummer 1000 geschlossen wird oder eine Erledigung der Rechtssache im Sinne der Nummer 1002 eingetreten ist."
Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass in allen Fällen, in denen dem Rechtsanwalt eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr zusteht, also auch bei einem privatschriftlichen Vergleich, die Terminsgebühr entsteht, wenn diese Einigung oder Erledigung in einem Verfahren erfolgt, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Maßgeblich hierfür war für den Gesetzgeber auch der dem anwaltlichen Vergütungsrecht zugrunde liegende Grundgedanke, den Rechtsanwälten gebührenrechtliche Anreize dafür zu gewähren, dass sie zur Vermeidung oder Erledigung von Rechtsstreiten beitragen und damit dem Gericht Aufwand ersparen. Eine Beschränkung des Anfalls der Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV auf die Fälle des gerichtlichen Vergleichs würde dieser Zielsetzung zuwiderlaufen. Sie würde vielmehr einen Anreiz bieten, einen schriftlichen Vergleich nur vor Gericht abzuschließen und damit dem Gericht letztlich Mehrarbeit zu verursachen.
Diesen Erwägungen, die den Gesetzgeber zur Änderung von Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV bewogen haben, hat sich das OVG für die damit klargestellte geltende Rechtslage angeschlossen.