1. Kostenregelung im Vergleich maßgebend
Nach Auffassung des OLG Hamm war die Kostenentscheidung des LG Essen aufzuheben, da der hierauf gerichtete Antrag des Klägers, die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz gegeneinander aufzuheben, unzulässig sei. Ein Kostenbeschluss sei nämlich regelmäßig nicht erforderlich, weil die kostenrechtlichen Folgen eines Vergleichs, mittels dessen die Parteien einen Rechtsstreit zur Erledigung bringen, in § 98 ZPO geregelt seien. Diese Vorschrift gelte nicht nur für den gerichtlichen, sondern auch für den außergerichtlichen – hier notariellen – Vergleich.
Danach ist nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm in erster Linie eine Vereinbarung der Parteien über die Kosten des Rechtsstreits maßgebend. Aus § 98 ZPO ergebe sich nämlich, ohne dass noch eine gerichtliche Entscheidung erforderlich sei, wer im Falle eines – gerichtlichen oder außergerichtlichen – Vergleichs die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Wenn sich schon aus § 98 ZPO i.V.m. einer ausdrücklichen Parteivereinbarung selbst die Kostenregelung entnehmen lasse, sei für eine zusätzliche Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kein Raum mehr. § 98 ZPO erfordere nämlich, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung des Kostenstreits nötig sei. Wenn sich jedoch aus der nach § 98 ZPO maßgebenden Parteivereinbarung ergebe, wer die Kosten des Rechtsstreits trage, so bestehe kein Kostenstreit, der vom Gericht noch zu entscheiden wäre. Vielmehr hätten die Parteien kraft ihrer durch § 98 ZPO anerkannten Dispositionsbefugnis einen Streit um die Kostentragungspflicht bereits beendet (BGH MDR 1970, 46; OLG München JurBüro 1983, 1880; OLG Schleswig JurBüro 1993, 745).
Das OLG Hamm ist dabei der Gegenauffassung in der Lit. (MüKo-ZPO/Schulz, 6. Aufl., 2020, § 98 Rn 35; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 98 ZPO Rn 6) nicht gefolgt. Dies hat das OLG damit begründet, die gegenteilige Auffassung stehe im Widerspruch zu dem Sinn und Zweck des § 91a ZPO und führe auch zu unerwünschten Folgerungen. Das Prozessrecht habe nämlich zwingende Vorschriften über die prozessuale Kostentragungspflicht aufgestellt. Dabei habe das Gericht regelmäßig über die Kosten von Amts wegen unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften zu entscheiden. Somit können die Parteien das Gericht nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm nicht zum Erlass einer bestimmten, von den gesetzlichen Kostenvorschriften abweichenden Kostenentscheidung verpflichten. Diesem Grundsatz würde es zuwiderlaufen, wenn das Gericht bei seiner Kostenentscheidung an den Vergleichsinhalt gebunden wäre und hier entgegen § 516 Abs. 3 ZPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens gegeneinander aufheben müsste.
2. Auslegung des Vergleichs
Nach Auffassung des OLG Hamm ist die Kostenregelung in dem notariellen Vergleich dahin auszulegen, dass er sich nicht auf die bereits von der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung vom 24.9.2019 erfassten – gerichtlichen und außergerichtlichen – Kosten des Berufungsverfahrens erstreckt (s. BGH RVGreport 2017, 185 [Hansens] = AGS 2017, 239; OLG München JurBüro 1982, 760; OLG Köln JurBüro 2014, 366).
a) Wortlaut
Der Wortlaut der Regelung in § 7 des notariellen Vergleichs "die Kosten bezüglich des entsprechenden Verfahrens insgesamt" könnte nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamm zwar darauf hindeuten, dass die Vereinbarung die Kosten aller Instanzen umfasse. Allerdings sei der Wortlaut der notariellen Einigung vom 15.7.2020 wegen der hier zu diesem Zeitpunkt bereits gegebenen rechtskräftigen Entscheidung über die Kosten der Berufungsinstanz vom 24.9.2019 nicht eindeutig. Vielmehr könne er auch nur den gem. § 308 Abs. 2 ZPO überhaupt noch zur Entscheidung stehenden Teil der Kosten des Rechtsstreits erfassen.
b) Zweck
Ferner hat das OLG Hamm auf den Zweck eines Vergleichs verwiesen, den Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten durch gegenseitiges Nachgeben i.S.v. § 779 Abs. 1 BGB zu beseitigen. Deshalb könne aus der Vergleichsregelung nicht ohne Weiteres geschlossen werden, von dem Vergleich sei ein möglicher Streit oder eine mögliche Ungewissheit hinsichtlich der durch den rechtskräftigen Kostenbeschluss bereits entschiedenen Kosten des Berufungsverfahrens erfasst. Ein objektiver Erklärungsempfänger würde deshalb bei vernünftiger Beurteilung der bekannten oder erkennbaren Umstände die Kostenvereinbarung gerade nicht auf die bereits rechtskräftig zuerkannten Kosten des Berufungsverfahrens beziehen. Diese eine von zwei möglichen Auslegungen würde nämlich für die Erklärungen wirtschaftlich wenig Sinn machen (s. BGH NJW 2008, 2702). Hierzu hat das OLG Hamm auch auf Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Beklagten verwiesen, wonach im Hinblick auf den Kostenbeschl. des Senats v. 24.9.2019 nur die Kosten der ersten Instanz zu regeln seien.
3. Wertung des § 98 S. 2 ZPO
Schließlich hat das OLG Hamm seine Entscheidung noch auf die Wertung des § 98 S. 2 ZPO gestützt. Danach würden im Falle eines Vergleichsschlusses Kosten, über die bereits...