Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Entwicklungen zur Rechtsanwaltsvergütung, NJW 2021, 1645
Im ersten Teil seines Beitrags gibt der Autor einen kurzen Überblick über die Änderungen des RVG, die zum 1.1. und 1.10.2021 in Kraft getreten sind. Dem schließt sich der Bericht des Autors über neuere Rspr. an. So verweist Mayer auf die viele Rechtsanwälte betreffende Entscheidung des BGH (AGS 2021, 90 [Burhoff] = AnwBl. 2021, 104), in der der BGH klargestellt hatte, dass ein Anwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, darlegen und beweisen muss, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgten. Dem folgt der Hinweis des Autors auf eine neuere Entscheidung des OLG Koblenz (JurBüro 2021, 589), nach der materiell-rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu prüfen und zu berücksichtigen sind. Im vom OLG entschiedenen Fall ging es um einen behaupteten Verstoß gegen ein gesetzliches Vertretungsverbot, der zur Nichtigkeit des zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrags führen könnte. Dem schließen sich Hinweise des Autors auf die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (AGS 2021, 34 [Hansens]) an, nach der das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG auszusetzen ist, wenn sich der Mandant gegen den Festsetzungsantrag des Rechtsanwalts wendet, dieser habe bei der Berechnung seiner Anwaltsgebühren einen unzutreffenden Gegenstandswert zugrunde gelegt. Darin liegt nach Auffassung des LAG ein konkludent gestellter Antrag auf förmliche Festsetzung des Gegenstandswertes.
In einem weiteren Abschnitt seines Aufsatzes weist Mayer auf die Entscheidung des BGH (AGS 2021, 262 [N. Schneider] = JurBüro 2021, 25) hin, nach der außergerichtliche Verhandlungen des Ehepartners mit dem Verfahrensbevollmächtigten des anderen Ehepartners über die finanziellen Folgen von Trennung und Scheidung zur Scheidungssache gehören können und deshalb keine gesonderte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV anfällt.
Sodann geht Mayer auf eine aktuelle Entscheidung des OLG Karlsruhe (AGS 2021, 116 [Hansens]) ein, wonach bereits die Ankündigung des Klageabweisungsantrags die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV auslöst. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Terminsgebühr für Besprechungen dann anfällt, wenn die Rechtsanwälte das Gespräch nicht direkt miteinander, sondern telefonisch über den Richter führen, ist seit vielen Jahren umstritten. Das OLG Hamm hat dies in einer neueren Entscheidung, auf die der Autor hinweist, bejaht (AGS 2020, 561 = JurBüro 2021, 29, s. aus neuerer Zeit auch Bay. LSG AGS 2020, 276). Das FG Baden-Württemberg (RVGreport 2015, 140 [Hansens] = AGS 2015, 123 = JurBüro 2015, 189) und das Thür. FG (EFG 2011, 1549) hatten den Anfall einer Terminsgebühr in einem solchen Fall verneint.
Sodann verweist Mayer auf einige neuere Entscheidungen zur Einigungs- und zur Erledigungsgebühr. So geht der Autor auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf (JurBüro 2021, 362) ein, nach dem bei einem Abschluss eines Vergleichs in mehreren am selben Tag verhandelten Parallelverfahren die Einigungsgebühr in jedem dieser Verfahren nach dem jeweiligen Gegenstandswert anfällt. Im Anschluss behandelt der Autor eine neuere Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, in der es um die Bestimmung des Gegenstandswertes nach § 31b RVG bei Zahlungsvereinbarungen geht.
Nach einem kurzen Überblick über neuere Entscheidungen zum Gegenstandswert verweist Mayer auf die gebührenrechtlich unrichtige und erstattungsrechtlich bedenkliche Entscheidung des OLG Stuttgart (AGS 2021, 171 [Burhoff] = JurBüro 2021, 243), nach der dem Verteidiger die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren nach Nr. 4124 VV grds. dann nicht entsteht, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung wieder zurückgenommen hat.
Nach wohl überwiegender Auffassung in der Rspr. sind Aufwendungen des Rechtsanwalts für eine Bahncard allgemeine Geschäftskosten und können von dem Rechtsanwalt somit nicht als Auslagen berechnet werden. Mayer verweist in seinem Beitrag auf die neuere Entscheidung des OLG Celle (AGS 2021, 109 [Burhoff] = zfs 2021, 102 m. Anm. Hansens = JurBüro 2021, 138), nach der die Kosten des Verteidigers für den Erwerb einer Bahncard 50 jedenfalls in einem lang andauernden Strafverfahren notwendige Auslagen des Verteidigers darstellen können, wenn sich der Erwerb der Bahncard 50 bereits nach wenigen Fahrten des Verteidigers amortisiert.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Abrechnung bei Klage und Widerklage im Verkehrsunfallprozess, NJW-Spezial 2021, 347
Auch in Verkehrsunfallprozessen kommen in der Praxis Klagen und Widerklagen recht häufig in Betracht. Dies betrifft meist den Fall, dass beide als Parteien auftretende Unfallbeteiligten der Auffassung sind, der jeweils andere sei ganz oder zumindest überwiegend an dem Verkehrsunfall schuld. Diese Kons...