Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch i.H.v. weiteren 1.642,32 EUR aus §§ 611 Abs. 1, 675 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Rechtsanwaltsvertrag zu.
Der Kläger hat mit Kostennote v. 15.11.2021 eine 2,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 9.487,71 EUR berechnet. Die Rechtsschutzversicherung des Beklagten hat hierauf bislang 7.845,39 EUR (1,3-Gebühren zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer) erstattet.
Die vom Kläger angesetzte Gebührenhöhe ist nicht zu beanstanden. Die berechnete 2,5-Gebühr nach Nr. 2300 VV ist nicht unbillig.
Die Höhe der Gebühr für die außergerichtliche Tätigkeit richtet sich nach Nr. 2300 VV. Gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV beträgt der Gebührenrahmen 0,5 bis 2,5.
Die Festsetzung ist eine einseitige Leistungsbestimmung durch den Gläubiger i.S.v. § 315 BGB. Der Rechtsanwalt setzt sie nach billigem Ermessen fest. Der Rechtsanwalt hat bei der Ausübung seines Ermessens den Umfang seiner Tätigkeit und deren rechtliche und tatsächliche Schwierigkeit zu beachten. Er hat der Bedeutung der Angelegenheit für seinen Auftraggeber und dessen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Auch ein besonderes Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen.
Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV), wobei sich dies nach den Umständen im konkreten Einzelfall richtet (BGH, Urt. v. 10.5.2022 – VI ZR 156/20, Rn 17 m.w.N., AGS 2022, 355). Durch die Ausübung des Gestaltungsrechts wird die Schuld mit Verbindlichkeit für beide Seiten festgesetzt. Die Bestimmung kann nur dann durch das Gericht ersetzt werden, wenn sie unbillig war.
Gemessen an diesem Maßstab ist die Bestimmung durch den Kläger nicht unbillig.
Er durfte eine Gebühr von mehr als 1,3 fordern, da die Tätigkeit sowohl schwierig als auch umfangreich war. Eine Gebühr von 2,5 ist nicht ermessensfehlerhaft.
1. Rechtlich schwierig
Das Gericht ist davon überzeugt, dass vorliegend die Tätigkeit in rechtlicher Hinsicht schwierig i.S.d. Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV war. Die Schwierigkeit einer Angelegenheit i.S.v. Anm. Abs. 1 zu Nr. 2300 VV bestimmt sich nach den Kenntnissen eines durchschnittlichen, nicht spezialisierten Rechtsanwalts (s. etwa OLG Stuttgart, Urt. v. 20.12.2019 – 5 U 202/18, Rn 82, juris m.w.N.). Anhaltspunkte für besonders schwierige Fragestellungen sind etwa im Normalfall nicht auftretende Fragestellungen in juristischer und/oder tatsächlicher Hinsicht. Der Umstand, dass für ein bestimmtes Rechtsgebiet eine Fachanwaltschaft in der FAO vorgesehen ist, hat eine Indizwirkung hinsichtlich der Schwierigkeit der Tätigkeit (HK-RVG/K. Winkler, 8. Aufl., 2021, § 14 Rn 20).
Anwaltliche Tätigkeit gilt auch dann als schwierig, wenn es sich bei dem Anwalt um einen Spezialisten auf dem betreffenden Gebiet handelt, für den die Sache aufgrund seiner Spezialisierung anders als für den Allgemeinanwalt nicht so schwierig ist (HK-RVG/K. Winkler, a.a.O., § 14 Rn 22). Vorliegend geht es sowohl um eine Kündigungsschutzklage, bei der u.a. auch zu prüfen ist, ob die notwendigerweise vorzunehmende Sozialauswahl durch den Arbeitgeber zutreffend ausgeübt worden ist, was bei einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern komplex sein kann (vgl. hierzu auch LG Darmstadt, Urt. v. 29.1.2014 – 19 O 463/12). Hinzu kommt vorliegend, dass der Mandant schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50 ist, was den Grad der Schwierigkeit des Rechtsstreits durch die notwendige Einbeziehung von SGB-Vorschriften weiter erhöht. Der letztendlich abgeschlossene Vergleich mit einer Fülle an unterschiedlichen rechtlichen und tatsächlichen Aspekten zeigt auch die Komplexität dieses arbeitsrechtlichen Rechtsstreits.
2. Umfang
Das Gericht ist ebenfalls davon überzeugt, dass vorliegend die Tätigkeit umfangreich war. Im Wesentlichen bezieht sich der Begriff des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit auf den tatsächlichen zeitlichen Aufwand des Anwalts bei der Bearbeitung des konkreten Mandats. In durchschnittlichen Fällen ist ein Aufwand von drei Stunden gegeben (HK-RVG/K. Winkler, a.a.O., § 14 Rn 16).
Die Kündigungsschutzklage und die Geltendmachung der Überstundenvergütung stellen sich als zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG dar (Gerold/Schmidt/Mayer, 26. Aufl., 2023, RVG § 15 Rn 37). Dies ist jedoch unschädlich, da beide Angelegenheiten umfangreich waren. Hinsichtlich der Kündigungsschutzklage ist zwischen den Parteien ein Aufwand von fünf Stunden unstreitig. Hinsichtlich der Geltendmachung der Überstundenvergütung hat der Beklagte die umfangreich dargelegten Tätigkeiten i.H.v. 4,8 Stunden nicht substantiiert bestritten und galt damit als zugestanden § 138 Abs. 3 ZPO.
3. Bedeutung
Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Bedeutung der Angelegenheit aufgrund des drohenden Verlustes des Arbeitsplatzes überdurchschnittlich ist (vgl. HK-RVG/K. Winkler, a.a.O., § 14 Rn 25).
4. Einkommens- und Vermögensverhältnisse
Die Ei...