Nimmt eine Partei in einem gerichtlichen Verfahren an einem Termin teil, so kann sie bei einer entsprechenden Kostenentscheidung nach 91 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. ZPO vom Gegner Ersatz ihrer hierzu getätigten Aufwendungen verlangten.
2. Wahrnehmung eines Termins
a) Gerichtlicher Termin
Eindeutig ist die Lage, wenn die Partei an einem gerichtlichen Termin teilgenommen hat. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Termin zur mündlichen Verhandlung, einen Beweistermin, einen Anhörungs- oder Protokollierungstermin gehandelt hat. Auch Termine vor dem Güterichter (§ 278 Abs. 2 ZPO) zählen hierzu.
Streng genommen zählt auch ein Verkündungstermin dazu. Hier wird man aber i.d.R. die Notwendigkeit verneinen müssen.
Unerheblich ist es, wenn die Partei die durch den Gerichtstermin veranlassten Reise zum Gericht mit einem Privataufenthalt am Ort der mündlichen Verhandlung verbindet. Dies schließt die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten als notwendige Aufwendungen i.S.d. § 91 ZPO nicht aus, wenn der Privataufenthalt lediglich "bei Gelegenheit" des Verhandlungstermins erfolgt und auf wenige Tage beschränkt ist (BVerwG AGS 2012, 437 = NJW 2012, 1827 = JurBüro 2012, 370 (zur vergleichbaren Regelung des § 162 VwGO).
Entgegen einer häufig anzutreffenden Ansicht mancher Rechtspfleger kommt es nicht darauf an, ob das persönliche Erscheinen der Partei vom Gericht angeordnet worden war. Einer Partei steht es immer frei, am eigenen Termin teilzunehmen. Es ist das gesetzlich verbriefte Recht einer Partei, an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen und selbst im Anwaltsprozess auf Antrag das Wort zu ergreifen ist (§ 137 Abs. 4 ZPO). Wer besser als die Partei kann i.Ü. zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen? Wer besser als die eigene Partei kann einem Zeugen oder Gegner Vorhaltungen machen? Und wer besser als die Partei kann entscheiden, ob ein Vergleich geschlossen werden soll oder nicht? Daher findet eine Notwendigkeitsprüfung nicht statt (OLG Koblenz AGS 2010, 102 = JurBüro 2010, 210; OLG Saarbrücken AGS 2012, 496). Das gilt auch dann, wenn die Partei aus dem Ausland anreist (OLG Koblenz AGS 2011, 517 = JurBüro 2011, 598; OLG Braunschweig AGS 2012, 255 = RVGreport 2012, 271). Eine Notwendigkeit dürfte lediglich für die Teilnahme an einem Verkündungstermin in Frage stellen zu sein.
Zu beachten ist, dass es für eine Partei keine der Vorbem. 7 Abs. 2 VV entsprechende Regelung (Geschäftsreise) gibt. Im Gegensatz zum Anwalt ist es also nicht erforderlich, dass die Partei von außerhalb des Gerichtsorts anreist. Eine Partei erhält daher auch dann eine Erstattung ihrer Aufwendungen, wenn sie am Gerichtsort wohnt oder dort ihren Sitz hat (LG München I AGS 2019, 485 = NJW-Spezial 2019, 669; AG Limburg AGS 2010, 568; LAG Hessen, Beschl. v. 21.8.1988 – 8 Ta 170/80; OLG Köln JurBüro 1992, 813 = MDR 1993, 182).
Nimmt die auswärtige Partei neben ihrem auswärtigen Anwalt an einem Termin teil, so sind die Kosten getrennter Anreisen erstattungsfähig. Einer Partei kann nicht entgegengehalten werden, sie hätte, um Kosten zu sparen, zusammen mit dem Anwalt fahren müssen (LG Stuttgart AGS 2014, 98 = RVGprof. 2014, 38). Es gibt keinen Rechtssatz, der die Partei zwecks Vermeidung von Terminreisekosten auf eine "Mitfahrgelegenheit" beim Prozessbevollmächtigten verweist (OLG Brandenburg JurBüro 2021, 587).
b) Vom gerichtlichen Sachverständigen anberaumter Termin
Ebenso reicht die Teilnahme an einem von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termin (OLG Koblenz JurBüro 1975, 378; KG, Beschl. v. 18.1.1977 – 1 W 4592/76). Auch hier ist die Teilnahme als notwendig anzusehen, zumal die Partei i.d.R. dem Sachverständigen Erläuterungen geben kann und das Recht hat, die Begutachtung zu überwachen (KG RVGreport 2004, 276).
c) Termin im Güte- oder Schlichtungsverfahren
Kosten für Reisen zur Teilnahme an einem Termin im Güte- oder Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO zählen dagegen nicht hierzu, weil es sich nach der Rspr. des BGH nicht um Kosten des Rechtsstreits handelt (BGH NJW-RR 2019, 378 = AGS 2019, 144; NJW 2021, 2887 = zfs 2021, 584).
d) Termin beim Anwalt
Nach Auffassung des AG Bautzen fallen unter die Regelung des § 91 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. ZPO auch Termine beim Anwalt für notwendige Besprechungen. Dies dürfte zutreffend sein, da die Regelung des § 91 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. ZPO nur von "notwendige Wahrnehmung von Terminen" spricht und dies nicht auf gerichtliche Termine beschränkt. So ist ja auch seit jeher einhellige Auffassung, dass Fahrtkosten von Informationsreisen zum Anwalt erstattungsfähig sind. Warum sollen dann nicht auch die Kosten der dabei entstehenden Zeitversäumnis zu erstatten sein.
3. Die Höhe des Erstattungsanspruchs
a) Verweisung auf das JVEG
Zur Höhe des Kostenerstattungsanspruchs verweist § 91 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. ZPO auf die Vorschriften des JVEG für die Zeugenentschädigung. Eine Partei erhält also in dem Umfang eine Kostenerstattung, in dem ein Zeuge für seine Vernehmung vor Gericht entschädigt worden ...