Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 05.11.2020; Aktenzeichen 27 O 337/18)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 5.11.2020 abgeändert:

Die von dem Beklagten an die Klägerin gemäß § 104 ZPO nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Berlin vom 12.2.2019 zu erstattenden weiteren Kosten werden auf 409,55 EUR (in Worten: vierhundertneun 55/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 23.11.2020 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 814,05 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten im Rahmen einer Terminsvertretung.

Im Juli 2018 erhob die in Frankfurt am Main wohnhafte Klägerin Klage gegen den Beklagten auf Erfüllung eines über eine Internetauktion abgeschlossenen Kaufvertrags über ein Fahrzeug. Dabei machte die Klägerin geltend, dass der Beklagte selbst Gebote abgegeben und dies unzulässig gewesen sei, so dass der Kaufvertrag zu einem niedrigeren Gebot zustandegekommen sei. Die Behauptung, selbst mittels anderer ebay-Konten Gebote abgegeben zu haben, bestritt der Beklagte. Daraufhin führte die Klägerin aus, dass der Zugriff auf die jeweiligen Konten, von denen aus Gebote abgegeben wurden, von derselben IP-Adresse erfolgt seien, die dem Beklagten gehöre.

Zu dem Verhandlungstermin am 12.2.2019 um 10 Uhr erschien für die Klägerin Herr C ... Y ... mit dem klägerischen Prozessvertreter. Für Herrn Y ... wurde eine "Terminsvollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO" vorgelegt.

Das Landgericht verurteilte den Beklagten antragsgemäß und legte ihm die Kosten des Rechtsstreits auf. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

Mit Schriftsatz vom 21.7.2020 hat die Klägerin beantragt, die Kosten der Terminsvertretung gegen den Verfahrensgegner verzinslich ab Antragstellung festzusetzen. In der Anlage zu diesem Schriftsatz werden Kosten in Höhe von insgesamt 814,05 EUR von Herrn Y ... aus Saarbrücken geltend gemacht, die sich wie folgt aufschlüsseln:

Fahrtkosten am 11. und 12.2.2019: 2 × 720 km × 0,25 EUR = 360,00 EUR

Verdienstausfall 11.2.2019: 8 h × 21 EUR = 168,00 EUR

Verdienstausfall 12.2.2019: 10 h × 21 EUR = 210,00 EUR

Übernachtung: = 52,05 EUR

Aufwandsentschädigung: = 24,00 EUR

Herr Y ... verweist in dem Schreiben darauf, dass er als freier psychologischer Berater arbeite und seine Stundensätze mehr als 21 EUR betrügen. Das Entstehen der Kosten versichere er an Eides Statt. Beigefügt war zudem eine Hotelrechnung über 52,05 EUR.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.8.2020 bestritten, dass die Klägerin mit Herrn Y ... eine Vereinbarung über die Kostenerstattung getroffen habe, ferner dass die Klägerin diese Kosten an Herrn Y ... gezahlt habe. Der Beklagte macht ferner geltend, dass die Klägerin gegen ihre Kostenminderungspflicht verstoßen habe, da das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war und sie anwaltlich vertreten gewesen sei. Fahrtkosten für eine Fahrt von Saarbrücken seien nicht angemessen. Bestritten werde, dass Herr Y ... alleine für den Termin nach Berlin gekommen sei.

Die Klägerin hat darauf mit Schriftsatz vom 11.9.2020 erwidert, dass Reisekosten der Partei zum Termin regelmäßig zu erstatten seien und eine Partei sich eines instruierten Vertreters bedienen dürfe, wie sich aus § 141 Abs. 3 ZPO ergebe. Der Terminsvertreter habe über detaillierte Hintergrundkenntnisse verfügt, die insbesondere im Hinblick auf eine persönliche Anhörung des Beklagten erforderlich gewesen wären. Der Terminsvertreter habe die Abläufe rund um die streitgegenständliche Auktion intensiv verfolgt und für die Klägerin Recherchearbeit geleistet.

Mit Beschluss vom 5.11.2020 hat das Landgericht "die Anträge der Klägerin vom 21.7.2020 bzw. des sonstigen Beteiligten vom 3.7.2020" zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass über die Notwendigkeit der Entsendung eines informierten Vertreters nicht zu entscheiden sei, da die Klägerin dem Bestreiten des Kostenanfalls nicht entgegengetreten sei. Die Aufstellung des Vertreters sei keine Rechnung, sondern ein an das Gericht gerichteter Festsetzungsantrag. Die eidesstattliche Versicherung des Vertreters, dass ihm diese Kosten entstanden seien, sei irrelevant.

Gegen diesen dem Klägervertreter am 10.11.2020 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.11.2020 (am selben Tag bei Gericht eingegangen) sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, es sei nur ein Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin gestellt worden, nicht auch seitens des Vertreters. Auch wenn es auf den Nachweis des Kostenausgleichs nicht ankomme, belegten zwei Online-Screenshots, dass sie nun auch 814 EUR an den instruierten Vertreter überwiesen habe. Dem Schriftsatz beigefügt sind Screenshots einer am 23.11.2020 ausgeführten und verbuchten Onlineüberweisung über 814,05 EUR an Herrn Y ...

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