Rechtsanwalt Norbert Schneider, Ab- und Anrechnung der Geschäftsgebühr bei mehreren Auftraggebern, NJW-Spezial 2023, 667

Vertritt der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstandes, erhöht sich nach Nr. 1008 VV die Geschäfts- oder die Verfahrensgebühr je weiteren Auftraggeber um den Gebührensatz von 0,3. Bei der Abrechnung ergeben sich mehrere Probleme, auf die Schneider in seinem Beitrag eingeht.

Die Erhöhung nach Nr. 1008 VV gilt – wie eingangs erwähnt – auch für die Geschäftsgebühr. In Angelegenheiten, die weder umfangreich noch schwierig sind, kann der Rechtsanwalt nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 2300 VV nur eine 1,3-Geschäftsgebühr berechnen. Schneider weist in seinem Beitrag darauf hin, dass diese sog. Schwellengebühr jedoch nur für die anwaltliche Tätigkeit für einen Auftraggeber gelte. Bei mehreren Auftraggebern erhöhe sich auch die Schwellengebühr, bspw. bei drei Auftraggebern um den Gebührensatz von 0,6 auf 1,9. Dies war bisher umstritten und ist durch Abs. 4 der Anm. zu Nr. 1008 VV ausdrücklich gesetzlich geregelt worden.

Keine Probleme bestehen bei der Abrechnung nach den Ausführungen des Autors, wenn die Angelegenheit für den Rechtsanwalt umfangreich oder schwierig war. Dann sei bspw. von der Mittelgebühr mit einem Gebührensatz von 1,5 auszugehen, die sich bei einem weiteren Auftraggeber auf 1,8 erhöhe.

In anderen Fällen ist die Berechnung der Erhöhung nach den Ausführungen des Autors jedoch nicht zweifelsfrei. Nach einer Auffassung sei der Mindestsatz und der Höchstsatz der Geschäftsgebühr jeweils um den Satz von 0,3 anzuheben. Dies habe zur Folge, dass sich bei zwei Aufraggebern ein Gebührenrahmen von 0,8 bis 2,8 ergebe, was auch zu einer um den Satz von 0,3 erhöhten Mittelgebühr von 1,8 führe. Demgegenüber berechnet die Gegenauffassung die konkrete Gebühr und erhöht diese dann um den Gebührensatz von 0,3 für jeden weiteren Auftraggeber. Im Regelfall ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Auffassungen nach der Darstellung des Autors im Ergebnis keine Unterschiede, was anhand eines Berechnungsbeispiels dargestellt wird.

Wird der Rechtsanwalt nach der außergerichtlichen Vertretung für mehrere Auftraggeber hinsichtlich desselben Gegenstandes auch als Prozessbevollmächtigter in einem Rechtsstreit tätig, verdient er nacheinander die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV und die Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV. Schneider weist darauf hin, dass sich entgegen der etwa missverständlichen Formulierung in Nr. 1008 VV, wonach sich die Geschäfts- "oder" die Verfahrensgebühr erhöhe, beide Gebühren unabhängig voneinander zu erhöhen seien. Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber erhalte der Rechtsanwalt somit für die außergerichtliche Vertretung eine erhöhte Geschäftsgebühr und für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren die erhöhte Verfahrensgebühr.

In einem weiteren Abschnitt seines Beitrags geht Schneider auf Anrechnungsprobleme ein, die sich aus Vorbem. 3 Abs. 4 VV ergeben. Nach dieser Vorschrift ist die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen. Da es sich bei der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV um keine gesonderte Gebühr handele, wie vielfach aus dem unrichtig verwandten Begriff der "Erhöhungsgebühr" gefolgert werden könnte, wird auch die Erhöhung bis zu einem Gebührensatz von 1,5 mit angerechnet. Dabei bleibe es auch bei mehreren Auftraggebern bei der Anrechnungsgrenze von höchsten 0,75. Die praktischen Auswirkungen verdeutlicht der Autor anhand eines Beispiels.

Prof. Dr. Matthias Kilian, Der Rechtsanwalt als Kostenfinanzierer – Wenig Bereitschaft zur Kostenfinanzierung über das Erfolgshonorar hinaus, AnwBl. 2023, 424

In seinem Beitrag weist der Autor darauf hin, dass nach dem derzeitigen Gesetzesstand, nämlich gem. § 49b Abs. 2 S. 2 BRAO, den Rechtsanwälten nicht gestattet ist, das gesamte Kostenrisiko ihres Mandanten zu übernehmen. Zwar könne der Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung den Mandanten von den Kosten des eigenen Rechtsanwalts entlasten. Die Übernahme weiterer Kostenrisiken, wie etwa Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder außergerichtliche Kosten des Gegners, ist dem Rechtsanwalt nach den Ausführungen Kilians jedoch untersagt. Die Rechtsanwälte haben somit von Gesetzes wegen nicht die Möglichkeit, wie gewerbliche Prozessfinanzierer oder weitere nicht-anwaltliche Rechtsdienstleister wie etwa Inkassounternehmen, den Mandanten sämtliche Kostenrisiken abzunehmen. Die im Gesetzgebungsverfahren diskutierte Öffnung des Verbots der Kostenübernahme habe sich aufgrund des Widerstandes der anwaltlichen Berufsorganisationen letztlich nicht durchgesetzt.

In seinem Beitrag berichtet Kilian über eine Befragung zum Berufsrechtsbarometer des Soldan Instituts zur Frage, ob eine Öffnung des Verbotes der anwaltlichen Kostenfinanzierung von den Anwälten überhaupt gewollt sei. Der Autor berichtet, dass 11 % der Befragten hierzu keine Aussage haben treffen können. Von den übrigen Anwälten hätten lediglich 12 % ihre...

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