Mit ihrer Beschwerde macht die Landeskasse geltend, auf die in Höhe von 508,30 EUR berücksichtigte 1,3-Verfahrensgebühr müsse sich der Antragsteller die ausweislich der Klageschrift wohl angefallene 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV hälftig anrechnen lassen.

Die Beschwerde der Landeskasse ist gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet. Mit Erfolg rügt die Landeskasse, dass eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr unterblieben ist.

1.  Der BGH hat bereits in seinen Urt. v. 7.3.2007, VIII ZR 86/06 (Rpfleger 2007, 505) und 11.7.2007 – VIII ZR 310/06 (AGS 2008, 41) ausgeführt, dass – sofern nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist – sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr vermindert, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren ebenfalls anfallende Verfahrensgebühr. Mit Beschl. v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07 (Rpfleger 2008, 332 = MDR 2008, 592 = AGS 2008, 158) hat der BGH seine Rspr. dahingehend präzisiert, dass die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV wegen der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht. Daher kommt nach Auffassung des BGH im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 f. ZPO keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, ist vielmehr ohne Bedeutung. Dieser Rechtsauffassung hat sich der Senat mit Beschl. v. 2.10.2008 – I-10 W 58/08 angeschlossen.

2.  Die Frage, ob diese Grundsätze auch auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG anzuwenden sind, stellt sich – wie der Senat bereits im Beschl. v. 27.11.2008 – I-10 W 109/08 ausgeführt hat – nur dort, wo ein Anwendungsfall der RVG Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorliegt, das heißt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV angefallen ist. Dies ist unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Falles anzunehmen.

a)  Der Anfall einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV ist ausgeschlossen im Bereich der Beratungshilfe. Wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, bereits zum Zeitpunkt der vorprozessualen Tätigkeit vorgelegen haben, hatte der Mandant einen Anspruch auf Beratungshilfe, § 1 Abs. 2 BerHG. Ist dem Mandanten ein Beratungshilfeschein erteilt worden, fällt lediglich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV in Höhe von 70,00 EUR an, die im Innenverhältnis (im Verhältnis zum Gegner gilt § 9 BerHG) hälftig auf die Gebühren eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sind (vgl. Abs. 2). Wird der Anwalt ohne Beratungshilfeschein tätig, obwohl der Mandant sich erkennbar nur im Rahmen der Beratungshilfe an ihn wendet, so steht dem Anwalt lediglich die Gebühr der Nr. 2500 VV in Höhe von 10,00 EUR zu, die nur der Mandant schuldet und die nicht anzurechnen ist; die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren nach Nrn. 2501 bis 2508 VV setzten die Erteilung eines Beratungshilfescheines voraus (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 18. Aufl., § 44 Rn 3; Hartung/Römermann/Schons-Hartung, RVG, 2006, § 44 Rn 50).

Anders als in dem dem Senatsbeschl. v. 27.11.2008–10 W 109/08[1] zugrunde liegenden Fall ist hier anzunehmen, dass die Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, bereits zum Zeitpunkt der vorprozessualen Tätigkeit des Antragstellers vorgelegen haben. Der Antragsteller hat sich vorgerichtlich erstmals unter dem 28.11.2006 an die Gegenseite gewandt und in Beantwortung des noch an den Kläger persönlich gerichteten Schreibens vom 22.11.2008 mitgeteilt, dass er "nunmehr" durch den Kläger beauftragt worden sei. Damit ist eine vorgerichtliche Beauftragung erst nach dem 22.11.2008 anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits die Voraussetzungen vor, unter denen dem Kläger später gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. Der Bericht, aus dem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin ergeben, datiert vom 28.8.2006. Mithin hätte dem Kläger gem. § 1 Abs. 2 BerHG ein Anspruch auf Beratungshilfe zugestanden. Von der Regelung des § 1 Abs. 1 BerHG werden auch andere als natürliche Personen erfasst, namentlich die in § 116 ZPO Bezeichneten (vgl. Schoreit/Dehn, BerH/PKH, § 1 Rn 33).

Dennoch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend die anwaltliche Tätigkeit als Beratungshilfe erfolgt ist. Es ist weder ersichtlich, dass ein Beratungshilfeschein erteilt worden ist, noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller tatsächlich Beratungshilfe i.S.d. § 2 BerHG gewährt hat.

b)  Liegen – wovon hier auszugehen ist – die Voraussetzungen für die Gewährung der Beratungshilfe an sich vor, erfolgt aber die Tätigkeit des Anwalts nicht als Ber...

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