Das VG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass eine Anrechnung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV auf die im gerichtlichen Eilverfahren entstandenen Verfahrensgebühren nach Nr. 3100 VV nicht in Betracht kommt.
Der Senat geht zwar im Anschluss an die mittlerweile gefestigte Rspr. des BGH (zuletzt im Beschl. v. 25.9.2008 – IX ZR 133/07, NJW 2008, 3641) davon aus, dass Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV aufgrund des eindeutigen Wortlauts so zu verstehen ist, dass eine vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr – unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt – teilweise auf die spätere gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Dadurch verringert sich die erst später angefallene gerichtliche Verfahrensgebühr, während die vorprozessual bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet bleibt.
Die Anrechnungsbestimmung in Vorbem. 3 Abs. 4 VV betrifft nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, sondern auch das für eine etwaige Kostenerstattung maßgebliche Außenverhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Prozessgegner. Entsteht die Verfahrensgebühr wegen der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr von vornherein nur in gekürzter Höhe, so kann im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht kommen. Für die Anrechnung nach dieser Vorschrift ist einzig und allein entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr – bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes – entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte (so ausdrücklich: BGH, Beschl. v. 22.1.2008 – VIII ZB 57107, NJW 2008, 1323 mit Hinweisen auf die kontrovers diskutierten Fragen in Rspr. und Lit.; Hess. VGH, Beschl. v. 8.6.2007–3 TJ 966/07, NJW 2008, 678; Streppel, Die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, MDR 2007, 929 ff.).
Aus dieser Argumentation folgt zwangsläufig, dass es nicht von Bedeutung ist, ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist (BGH, a.a.O.), und auch nicht darauf ankommt, ob die vorprozessuale Geschäftsgebühr im Verwaltungsprozess gem. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO erstattungsfähig ist (Ostermeier, Die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren, in: JurBüro 2008, 6 ff. [8 f.]).
Gleichwohl hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.8.2008 eine teilweise Anrechnung der vorprozessualen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr zu Recht nicht vorgenommen, denn die Gebühren sind nicht wegen desselben Gegenstands entstanden.
Eine Entstehung von Gebühren "wegen desselben Gegenstands" im Sinne von Vorbem. 3 Abs. 4 VV setzt voraus, dass der Streitgegenstand des vorprozessualen Verfahrens mit dem Streitgegenstand des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens identisch ist (so ausdrücklich: BGH, Beschl. v. 22.1.2008, a.a.O.). Maßgeblich für die Bestimmung des Streitgegenstandes im Verwaltungsprozess ist der prozessuale Anspruch, der seinerseits gekennzeichnet ist durch die erstrebte Rechtsfolge sowie den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (BVerwG, Urt. v. 10.5.1994–9 C 501.93; BVerwGE 96, 24).
Danach ist eine Identität des Streitgegenstandes des vorprozessualen Verfahrens und des gerichtlichen Eilverfahrens im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das vorprozessuale Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren war auf Aufhebung der die Antragstellerin belastenden Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin gerichtet. Ein anschließendes gerichtliches Hauptsacheverfahren mit identischem Streitgegenstand in Form der Anfechtungsklage hat nicht mehr stattgefunden, da die Antragsgegnerin im Anschluss an das gerichtliche Eilverfahren dem Widerspruch der Antragstellerin abgeholfen hat. Demgegenüber ist der prozessuale Anspruch des teilweise auf § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO und teilweise auf § 123 Abs. 1 VwGO gestützten gerichtlichen Eilverfahrens nicht mit dem vorprozessualen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren identisch. Die Antragstellerin hat im gerichtlichen Eilverfahren lediglich eine zeitweise Außervollzugsetzung des belastenden Verwaltungsakts begehrt, über die das Gericht unter Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Interessen sowie die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu entscheiden hat. Der Streitgegenstand eines solchen gerichtlichen Eilverfahrens wäre allenfalls mit dem Streitgegenstand eines – gegebenenfalls zusätzlich – vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 4 VwGO identisch; ein derartiges Verfahren hat aber nach den Angaben des Bevollmächtigten der Antragstellerin im Kostenfestsetzungsantrag nicht stattgefunden.
Mitgeteilt von Reg....