ZPO §§ 91, 788; RVG VV 1008, 3309
Leitsatz
- Lautet ein Titel auf die einzelnen Wohnungseigentümer, sind nur diese berechtigt, aus dem Titel zu vollstrecken. Die Notwendigkeit der für die Tätigkeit ihres Rechtsanwalts im Vollstreckungsverfahren entstehenden Gebührenerhöhung kann daher nicht mit der Begründung verneint werden, die Gebühr wäre nicht angefallen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband den Vollstreckungsauftrag erteilt hätte (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 77/06, AGS 2007, 373).
- Zur Frage, ob eine Klage der Wohnungseigentümer gegen den Veräußerer von neu errichtetem Wohnungseigentum nach Änderung der Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft im Hinblick auf die Obliegenheit, die Kosten der Zwangsvollstreckung niedrig zu halten, auf eine Klage des teilrechtsfähigen Verbandes hätte umgestellt werden müssen.
BGH, Beschl. v. 10.12.2009 – VII ZB 88/08
Sachverhalt
Die Gläubiger sind Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage, die von der Schuldnerin als Bauträgerin errichtet wurde. Auf die von ihnen erhobene Klage auf Schadensersatz wegen Mängeln und auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung wurde die Schuldnerin verurteilt, an die Gläubiger 41.506,70 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Nach Zustellung des Urteils haben die Gläubiger über ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO wegen dieses Betrages, der Zinsen und der Kosten des Vollstreckungsauftrages beauftragt, wobei sie eine Gebührenerhöhung von 2,0 für die Vertretung mehrerer Personen nach Nr. 1008 VV in Höhe von 2.092,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer geltend machten.
Auf die gegen die Vollstreckungsankündigung des Gerichtsvollziehers eingelegte Erinnerung der Schuldnerin hat das AG – Vollstreckungsgericht – die Zwangsvollstreckung wegen der Gebührenerhöhung des Gläubigervertreters mit der Begründung eingestellt, diese sei nicht erstattungsfähig, nachdem die Klage erst nach Veröffentlichung der Entscheidung des BGH v. 2.6.2005 zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben worden sei. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat das Beschwerdegericht den Beschluss des AG abgeändert und die Erinnerung der Schuldnerin zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, durch den Vollstreckungsauftrag der Gläubiger an ihren Verfahrensbevollmächtigten sei nicht nur die Gebühr nach Nr. 3309 VV, sondern auch die sogenannte Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV entstanden. Entscheidend hierfür sei, dass der zugrunde liegende Vollstreckungstitel – ob zu Recht oder zu Unrecht – ausschließlich auf die fünfzehn Gläubiger persönlich gelautet und deshalb nur für diese eine Vollstreckung ermöglicht habe. Die Kammer schließe sich der Auffassung des V. Zivilsenats des BGH an, dass der Gläubiger eines Titels diesen ohne weitere Maßnahmen, insbesondere Berichtigungen oder Umschreibungen, umgehend zur Vollstreckung einsetzen dürfe, auch wenn hierdurch zusätzliche Kosten auf Schuldnerseite entstünden. Der Grundsatz, unnötige Kosten für die Gegenseite zu vermeiden, könne nicht dazu führen, eigene Interessen, z.B. das grundlegende Interesse an der raschen Realisierung eines Urteils durch Zwangsvollstreckung, unterzuordnen. Dies gelte völlig unabhängig von den speziellen Übergangsproblemen im Zusammenhang mit dem Beschl. des BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05 [=AGS 2005, 427].
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die von den Gläubigern für das Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemachte Erhöhungsgebühr nach § 7 Abs. 1 RVG i.V.m. Nr. 1008 VV ist erstattungsfähig. Die hierdurch entstandenen Kosten sind notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung.
a) Nach §§ 788 Abs. 1 S. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, dem Schuldner zur Last. Diese Regelung beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die obsiegende Partei die notwendigen Kosten der durch das Urteil eröffneten Maßnahmen zur Verfolgung und Durchsetzung ihres Anspruchs von dem unterlegenen Schuldner ersetzt verlangen kann. Die Erstattungspflicht erstreckt sich nur auf die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Auch in der Zwangsvollstreckung hat der Gläubiger seine Maßnahmen zur Wahrung seiner Rechte so einzurichten, dass die Kosten möglichst niedrig gehalten werden (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 788 Rn 8 f.).
b) Diesen Anforderungen sind die Gläubiger unabhängig davon gerecht geworden, ob die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Mängeln und auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung von der Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband der Wohnungseigentümer hätten geltend gemacht werden müssen.
aa) Ob eine Zwangsvollstreckun...