Umstritten war, welche Gebühr entsteht, wenn der Anwalt sowohl im Vergabe- als auch im Nachprüfungsverfahren tätig wird. Nach einer Meinung erhielt er auch bei einer Vorbefassung für die spätere Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV. Die Gegenmeinung billigte dem Anwalt lediglich eine Geschäftsgebühr aus dem reduzierten Rahmen von Nr. 2301 VV zu.
Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 23.9.2008 der zweiten Meinung angeschlossen. Er stützt seine Argumentation maßgeblich auf § 128 Abs. 4 S. 3 GWB, wonach sich die Kostenerstattung bei Anrufung der Vergabekammer nach § 80 VwVfG richte. Aus diesem Verweis folgert der BGH, dass angesichts der Gleichsetzung des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens mit dem verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren die speziellen Gebührenregelungen des Widerspruchsverfahrens auch für das Nachprüfungsverfahren gelten müssten. Dabei sei unerheblich, ob im Vergabeverfahren tatsächlich ein Verwaltungsakt ergehe, der im Nachprüfungsverfahren überprüft werde. Unerheblich sei ferner, ob dem Anwalt die vorausgegangene Tätigkeit im Vergabeverfahren im späteren Nachprüfungsverfahren im gleichen Maße zugute komme, wie dies im Verhältnis von Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren der Fall sei.
Diese Begründung überzeugt nicht: Die Regelung in § 80 VwVfG, auf die § 128 Abs. 4 S. 3 GWB Bezug nimmt, bestimmt lediglich, dass der im Widerspruchsverfahren Obsiegende seine notwendigen Aufwendungen und Anwaltskosten erstattet erhält. Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten besagt aber nichts darüber, welche Gebühren für den Anwalt zunächst einmal entstanden sind. Ebenso wenig kann man beispielsweise die Frage, welche Anwaltsgebühren im Zivilprozess entstanden sind, aus der Erstattungsregelung in § 91 ZPO ableiten. Die Frage, welche konkreten Gebühren für einen im Widerspruchsverfahren tätigen Anwalt entstehen, wird in § 80 VwVfG gerade nicht beantwortet – schon aus diesem Grund kann man die Geltung bestimmter Gebührentatbestände für das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren nicht auf diese Vorschrift stützen. Der Verweis in § 128 Abs. 4 S. 3 GWB besagt demnach nur, dass die dem Anwalt im Nachprüfungsverfahren tatsächlich entstandenen Kosten gegebenenfalls auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden müssen (nämlich auf die notwendigen Kosten), soweit eine Erstattung vom Gegner verlangt wird.
Kann damit für die Frage der Entstehung der Gebühren nicht auf § 128 Abs. 4 S. 3 GWB i.V.m. § 80 VwVfG zurückgegriffen werden, sind – wie üblich – die Gebührentatbestände des Vergütungsverzeichnisses maßgeblich. Insofern ist – entgegen der Ansicht des BGH – von entscheidender Bedeutung, ob das Vergabeverfahren ein Verwaltungsverfahren i.S.v. Nr. 2301 VV ist. Gerade der Verweis in § 128 Abs. 4 S. 3 GWB auf die Erstattungsregelungen des Verwaltungsrechts ist ein erstes und wichtiges Indiz dafür, dass dies nicht der Fall ist. Denn wäre das Vergabeverfahren ohne Weiteres als "klassisches" Verwaltungsverfahren einzustufen, hätte es einer solchen Verweisung nicht bedurft. Daneben ist weiter zu berücksichtigen, dass im Vergabeverfahren eben kein Verwaltungsakt ergeht, sondern zivilrechtliche Verträge mit den Bietern geschlossen werden. Insofern handelt es sich nicht um ein Verwaltungsverfahren, sondern um ein vorvertragliches Auswahlverfahren sui generis, mit dem der Staat im Rahmen des privaten Wirtschaftsrechts Beschaffungstätigkeit durchführt.
Will man eine analoge Anwendung von Nr. 2301 VV auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren in Betracht ziehen, so müsste zumindest der gesetzgeberische Zweck dieser Vorschrift erfüllt sein. Als der Gesetzgeber in § 17 Nr. 1 RVG das Verwaltungsverfahren und das anschließende Nachprüfungsverfahren als gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten einstufte, wollte er mit Nr. 2301 VV einen gebührenrechtlichen Ausgleich schaffen: Da der Anwalt für eine Tätigkeit, in die er durch seine Vorbefassung im Verwaltungsverfahren schon eingearbeitet war, ein weiteres Mal Gebühren erhielt, sollten diese aus einem reduzierten Gebührenrahmen gewählt werden. Gerade die Frage der Arbeitserleichterung durch eine Vorbefassung, die der BGH als unerheblich dahinstehen lässt, muss also geprüft werden und kann in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren eben nicht regelmäßig angenommen werden. Denn während im Vergabeverfahren ein bestimmter Bieter mit dem Ziel vertreten wird, dessen Angebot zum Erfolg zu verhelfen, geht es im Nachprüfungsverfahren darum, sich mit den Mitbietern, ihren Angeboten und Argumenten für/gegen den Zuschlag auseinander zu setzen.