JVEG §§ 22 S. 1, 23 Abs. 2 Nr. 2; FamFG § 26
Leitsatz
Für die Erteilung einer Auskunft auf Bitte des FamG nach § 26 FamFG kann eine Sparkasse eine Entschädigung analog § 23 Abs. 2 Nr. 2 JVEG erhalten.
LG Wuppertal, Beschl. v. 7.1.2019 – 16 T 232/17
1 Sachverhalt
Im Rahmen des Verfahrens über die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung der minderjährigen Kinder X und V hat das FamG im Wege der Amtsermittlung nach § 26 FamFG die Beteiligte zu 1) gebeten, Auskünfte über Nachlasswerte oder Nachlassverbindlichkeiten/Schulden des verstorbenen Kindesvater zu erteilen. Die Beteiligte zu 1) hat die geforderten Auskünfte durch Vorlage entsprechender Forderungsberechnungen für vier verschiedene Konten erteilt und hierfür eine Entschädigung nach dem JVEG für eine Arbeitsstunde i.H.v. 21,00 EUR beantragt. Nach Anhörung des Beteiligten zu 2) hat das AG diesen Antrag zurückgewiesen und zudem wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde zugelassen. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Beteiligten zu 1).
Das AG hat der Beschwerde nach Anhörung des Beteiligten zu 2) nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel ist ungeachtet seiner Bezeichnung als "Erinnerung" als Beschwerde gem. § 4 Abs. 3, 2. Alt. JVEG statthaft und auch sonst zulässig. Das LG ist nach § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG zuständiges Beschwerdegericht. Beschwerdegericht ist nach Abs. 4 S. 2 JVEG immer das nächst höhere Gericht, also das LG auch dann, wenn das AG als FamG entschieden hat (BDPZ/Binz, 4. Aufl., 2019, JVEG § 4 Rn 15).
Auch in der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
Der Beteiligten zu 1) steht in entsprechender Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG eine Entschädigung für die unter dem 13.10.2016 erteilte Auskunft i.H.v. 21,00 EUR zu.
Nach § 23 Abs. 2 JVEG werden Dritte, die aufgrund einer gerichtlichen Anordnung nach § 142 Abs. 1 S. 1 oder § 144 Abs. 1 ZPO Urkunden, sonstige Unterlagen oder andere Gegenstände vorlegen oder deren Inaugenscheinnahme dulden, sowie Dritte, die aufgrund eines Beweiszwecken dienenden Ersuchens der Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde Gegenstände herausgeben oder Auskünfte erteilen, wie Zeugen entschädigt. Bedient sich der Dritte eines Arbeitnehmers oder einer anderen Person, werden ihm die Aufwendungen dafür (§ 7 JVEG) im Rahmen des § 22 JVEG ersetzt; § 19 Abs. 2 u. 3 JVEG gilt entsprechend.
Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um eine Dritte i.S.d. § 23 Abs. 2 JVEG, da sie weder Beteiligte des zugrundeliegenden Verfahrens über die Genehmigung der Erbausschlagung war, noch nach anderen Vorschriften des JVEG anspruchsberechtigt ist. Eine Zeugenentschädigung nach § 19 JVEG scheitert bereits daran, dass es sich bei der Beteiligten zu 1) um eine juristische Person handelt, ein Zeuge jedoch nur eine natürliche Person sein kann (Schneider, JVEG, 2. Aufl., 2014, § 19 Rn 1). Auch handelt es sich bei der Beteiligten zu 1) nicht um eine nach Art. 35 Abs. 1 GG zur Amtshilfe verpflichtete Behörde, welche nach § 1 Abs. 2 JVEG als Sachverständige zu vergüten wäre. Denn im Rahmen einer Auskunftserteilung wird eine Sparkasse nicht als Behörde tätig wird (Schneider, JVEG, 2. Aufl., 2014, § 23 Rn 15).
Unerheblich ist, dass die Beteiligte zu 1) hier weder in Erfüllung einer zivilprozessualen Anordnung nach den § 142 Abs. 1 S. 1 und 2, § 144 Abs. 1 ZPO, gegebenenfalls i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, noch aufgrund des Ersuchens einer Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde tätig geworden ist. Stattdessen hat die Beteiligte zu 1) eine im Amtsermittlungsverfahren nach § 26 FamFG erbetene Auskunft erteilt. Bei dem Verfahren zur familiengerichtlichen Genehmigung einer Erbausschlagung nach § 1643 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine Kindschaftssache i.S.d. § 151 Abs. 1, Nr. 1 FamFG, in welchem der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG und damit auch das Freibeweisverfahren nach § 29 Abs. 1 ZPO gilt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.9.2018 – 13 WF 114/18, NJW-RR 2018, 1354). Das AG hat sich hier auch des Freibeweisverfahrens bedient, indem es die Beteiligte zu 1) formlos schriftlich um eine Auskunft gebeten hat.
§ 23 Abs. 2 JVEG findet auf den vorliegenden Fall einer im Rahmen des § 26 FamFG erteilten Auskunft entsprechende Anwendung. Der Gesetzestext des § 23 Abs. 2 JVEG ist insoweit lückenhaft (vgl. auch Binz in BDPZ/Binz, 4. Aufl., 2019, JVEG § 23 Rn 3–5, der eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG auf nach § 372a ZPO herangezogene Dritte diskutiert).
Der – von § 23 Abs. 2 JVEG nicht ausdrücklich erfasste – Fall einer Heranziehung des Dritten nach § 26 FamFG ist uneingeschränkt vergleichbar mit der Heranziehung des Dritten nach den §§ 142, 144 ZPO, ggfs. i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, da der hierdurch dem Dritten entstehende und zu entschädigende Aufwand dem Umfang und der Höhe nach gleichbleibend ist. Aus der Sicht des Dritten ist es dementsprechend unerheblich, nach welcher Vorschrift er herangezogen wird.
Eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 2 JVEG entspricht auch dem Sinn und Zweck der...