Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Kündigungsschutzanträge im vorliegenden Verfahren sind mit sechs BMG zu bewerten.
Der Wert des ersten Kündigungsschutzantrags betreffend die ordentliche Kündigung zum 30.9.2018 entspricht gem. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG dem Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts, also drei BMG. Er verändert sich gem. § 40 GKG durch nachfolgende Anträge nicht mehr.
Der Wert der (unbedingten) Klageerweiterung betreffend die "überholende" außerordentliche Kündigung vom 18.4.2018 beträgt gem. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG grds. ebenfalls drei BMG. Dieser Wert wird weder ganz noch teilweise vom Wert des Ausgangsantrags betreffend die ordentliche Kündigung zum 30.9.2018 umfasst.
Die Klageerweiterung betrifft zunächst einen anderen Streitgegenstand i.S.v. § 39 Abs. 1 GKG als der Ausgangsantrag. Zwar enthält die einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG gegen die ordentliche Kündigung stattgebende Entscheidung zugleich die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien "zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat" (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff, BAG 18.12.2014 – 2 AZR 163/14, BAGE 150, 234, Rn 23 m.w.N.). Deshalb ist der Arbeitgeber mit anderen Beendigungsgründen zu und zeitlich vor dem vorgesehenen Auflösungszeitpunkt, die er nicht in den Rechtsstreit einführt, präkludiert. Das bedeutet aber nicht, dass die Klage gegen die ordentliche Kündigung schon die vorgelagerte außerordentliche Kündigung selbst als Streitgegenstand erfasst und ihr Wert deshalb den Wert der späteren Klageerweiterung gegen die außerordentliche Kündigung umfassen würde. Denn hierfür verlangt die Rspr. bislang stets eine Erweiterung der Klage punktuell auf die nachfolgende Kündigung, gem. § 6 KSchG bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung (so ausdrücklich der 7. Senat, BAG 20.6.2018 – 7 AZR 689/16; ebenso bislang der 2. Senat, BAG 13.3.1997 – 2 AZR 512/96, zu II 3 a der Gründe, BAGE 85, 262, zuletzt aber offen gelassen in BAG 24.5.2018 – 2 AZR 67/18 – und BAG 18.12.2014 – 2 AZR 163/14 – jeweils unter Hinweis auf Gallner, in: FS Wank 2014 S. 117, 125). In Rechtskraft erwächst beim Ausgangsantrag daher nur, ob zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt am 30.9.2018 ein Arbeitsverhältnis bestand oder nicht, nicht dagegen, ob die "überholende" außerordentliche Kündigung zu ihrem Beendigungstermin wirksam war oder nicht. Insoweit handelt es sich nur um eine Inzidentprüfung.
Sodann scheidet auch ein Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität (analog § 45 Abs. 1 S. 2 u. 3 GKG) im vorliegenden Fall aus. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird der Streit der Parteien durch die Klageerweiterung um den Zeitraum erweitert, um den die "überholende" fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis früher als die ursprüngliche fristgerechte Kündigung beenden soll.
Das sind hier (gedeckelt) noch einmal drei BMG. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Streit zusätzlich (!) den Streit um eine im Wege der Umdeutung gewonnene (oder hilfsweise ausgesprochene) ordentliche Kündigung zum 31.10.2018 umfasst. Dies bestätigt zudem die Hilfsüberlegung, dass anderenfalls ein Streit um die außerordentliche und die umgedeutete ordentliche Kündigung weniger werthaltig wäre als der (geringere) Streit lediglich um die außerordentliche Kündigung.
Das Ergebnis entspricht der Empfehlung des Streitwertkatalogs, wonach der Wert einer Folgekündigung mit Veränderung des Beendigungszeitpunkts dem Betrag der Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch der Vergütung für ein Vierteljahr entspricht (SWK I 21.3).
Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin
AGS 3/2019, S. 122 - 123