ZPO §§ 3, 511 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Die zur Auskunftserteilung oder Rechnungslegung verurteilte Partei ist nur insoweit beschwert, als sie durch das Urteil zu (zusätzlichen) Leistungen verpflichtet wird. Demgegenüber bleibt bereits vor dem Urteil von der Partei vorgenommener Aufwand außer Betracht, auch wenn auf ihn zur Erfüllung der titulierten Verpflichtung teilweise zurückgegriffen werden kann.
BGH, Beschl. v. 19.12.2019 – III ZB 28/19
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten als Miterben ihrer verstorbenen Mutter auf der ersten Stufe einer auftragsrechtlichen Stufenklage über den Anspruch der Klägerin auf Auskunft über die Geschäfte, die der Beklagte in Ausübung einer ihm erteilten Vollmacht zwischen dem 1.2.2007 und dem 20.3.2013 für die Erblasserin getätigt hat.
Das LG hat den Beklagten mit Teilurteil v. 22.10.2018 antragsgemäß zur Rechenschaftslegung verurteilt. Seine dagegen eingelegte Berufung hat das OLG – nach entsprechender Ankündigung im Hinweisbeschluss v. 13.2.2019 – durch Beschl. v. 11.3.2019 mit der Begründung als unzulässig verworfen, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteige 600,00 EUR nicht.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
2 Aus den Gründen
Die nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO ohne Rücksicht auf den Beschwerdewert statthafte (vgl. Senat, Beschl. v. 8.9.2011 – III ZR 259/10, FamRZ 2011, 1792 Rn 5) sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Entscheidung des BGH nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. erforderlich. Durch den angefochtenen Verwerfungsbeschluss wird der Beklagte nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt, welches den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung vorgesehenen Instanz in unzumutbarer und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Beklagte auch unter Berücksichtigung seiner Erklärung v. 26.2.2019 zum Hinweisbeschluss nicht darlegen und glaubhaft machen können, dass er durch die angefochtene Teilverurteilung mit mehr als 600,00 EUR beschwert ist. Die Beschwer eines zur Erteilung von Auskünften oder zur Rechnungslegung verurteilten Rechtsmittelführers bemesse sich nach dessen Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses sei dafür auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Dabei komme es nur auf den künftig zur Erfüllung der titulierten Verpflichtung erforderlich werdenden Aufwand an, der im Hinweisbeschluss – unter Berücksichtigung des entsprechend § 20 JVEG mit 3,50 EUR pro Stunde und geschätzten 24 Stunden in Ansatz gebrachten eigenen Zeitaufwands des Beklagten sowie der Kosten von 50,00 EUR für die Zuziehung einer fachkundigen Hilfskraft seines Steuerberaters, ohne deren Mithilfe die Auskunft nicht erteilt werden könnte – unangegriffen mit höchstens 134,00 EUR bemessen worden sei. Der bereits in der Vergangenheit angefallene und im Schriftsatz des Beklagten v. 26.2.2019 mit insgesamt 706,50 EUR veranschlagte Zeit- und Kostenaufwand bleibe dagegen außer Betracht. Denn für die Bemessung der Beschwer sei allein das Interesse des Beklagten an einer Abänderung des angefochtenen (Teil-)Urteils maßgeblich. Sein Anliegen, die durch die Auskunft vorbereitete Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, sei dabei nicht zu berücksichtigen.
2. Diese Bewertung, die der Senat nur darauf überprüfen kann, ob das Berufungsgericht dabei die Grenzen des ihm nach §§ 2 u. 3 ZPO eröffneten Ermessens überschritten oder dieses fehlerhaft ausgeübt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Beschl. v. 8.3.2018 – III ZB 70/17, NJW-RR 2018, 697, 698 Rn 10; v. 27.7.2017 – III ZB 37/16, NJW-RR 2017, 1407, 1408 Rn 7 u. v. 28.1.2016 – III ZB 96/15, BeckRS 2016, 3749 Rn 6), ist nicht zu beanstanden.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Wert der durch eine erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunftserteilung oder Rechnungslegung verursachten Beschwer sich an dem Interesse der verurteilten Partei orientiert, die in Rede stehende Auskunft oder Abrechnung nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, der für die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderlich ist (st. Rspr., z.B. Senat, Beschl. v. 8.3.2018, a.a.O. Rn 9; v. 27.7.2017, a.a.O. Rn 6 u. v. 28.1.2016, a.a.O. Rn 5; BGH, Beschl. v. 29.6.2010 – X ZR 51/09, NJW 2010, 2812 Rn 4; v. 22.3.2010 – II ZR 75/09, NJW-RR 2010, 786 Rn 2; v. 1.10.2008 – ...