Die gem. § 56 RVG, § 573 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.
Der Anspruch auf Festsetzung der Kopierkosten folgt aus Nr. 7000 VV. Gem. Nr. 7000 Nr. 1a VV sind Kosten für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten zu ersetzen, soweit deren Herstellung zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten war.
Vorliegend ist daher darüber zu entscheiden, ob die Anfertigung von 193 Kopien aus der Verfahrensakte geboten war. Unter Bezugnahme auf das Vorstehende verbleibt bei dem Erinnerungsführer als Beratungsperson ein Ermessen hinsichtlich der Erforderlichkeit von Kopien aus einer Gerichtsakte, welche durch ihn auch auszuüben ist. Ein vollständiges Kopieren ohne vorherige Einsicht unter Gesichtspunkten der Zeitersparnis würde diesem Grundsatz nicht genügen und daher eine Erstattung ausschließen.
Dass unter dem Gesichtspunkt der Rechtswahrnehmungsgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten auch bei der Beratungshilfe grds. Kopierkosten zu ersetzen sind, ergibt sich daraus, dass Bemittelte und Unbemittelte auch bei der Beratungshilfe grds. gleich zu behandeln sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvR 2310/06). Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten berät, um die Reaktion in einem Strafverfahren zu besprechen, benötigt dazu Ablichtungen aus der Ermittlungsakte. Zwar bestünde auch die Möglichkeit, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten zu dem Zeitpunkt in sein Büro bestellt, zu dem die Akte sich bei ihm befindet. Dies würde jedoch dazu führen, dass die aktenführende Stelle durch die Setzung der Akteneinsichtsfrist über die Möglichkeit einer sachgerechten Beratung entscheiden würde. Das daraus eine Schlechterstellung des unbemittelten Rechtssuchenden entsteht, ergibt sich daraus, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten Ladungen nicht zwangsweise durchsetzen kann und die aktenführende Stelle in der Regel keine Kenntnis von den terminlichen Verpflichtungen des Mandanten hat, und auf die Kenntnis dieser in diesem Verfahrensabschnitt auch kein Anspruch besteht. Verdeutlicht wird dieses Dilemma an folgendem Beispiel: Würde die aktenführende Stelle dem Rechtsanwalt Akteneinsicht von drei Tagen gewähren, befände sich der Mandant jedoch im Urlaub, im Krankenhaus oder wäre er aus anderen Gründen nicht erreichbar, wäre eine spätere Beratung nur noch aufgrund von Notizen möglich (vgl. AG Halle, Beschl. v. 8.2.2010 – 103 II 3103/09 [= AGS 2010, 189]).
Nach dem Vortrag des Erinnerungsführers belief sich der Umfang der Akte auf weit über 200 Seiten, sodass durch die Anfertigung von 193 Kopien keinesfalls die gesamte Akte kopiert worden ist.
Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der Mandantenbesprechung, der Akteninhalt noch einmal unter einen erneuten Blickwinkel betrachtet werden muss. Ein weiterer Grund für das Erfordernis der Aktenkopie ist, dass der Rechtsanwalt gem. § 50 Abs. 1 BRAO durch Handakten ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit muss geben können (vgl. AG Riesa, Beschl. v. 27.6.2012 – 002 UR II 00885/10).
Im Ergebnis sind dem Erinnerungsführer die Kopierkosten i.H.v. 46,45 EUR, bestehend aus 50 x 0,50 EUR sowie 143 x 0,15 EUR, und die anteilige Umsatzsteuer i.H.v. 8,83 EUR zu ersetzen.
Die Entscheidung ergeht gem. § 56 Abs. 2 S. 2, S. 3 RVG gebührenfrei. Für eine Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht keine Rechtsgrundlage.
AGS 3/2020, S. 145 - 146