BGB §§ 1190, 1365 Abs. 1, Abs. 2; FamFG § 40 Abs. 3. S. 1, 63 Abs. 1
Leitsatz
Geht es in einem familienrechtlichen Verfahren um die Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 BGB zu einem Grundstückskaufvertrag, stellt regelmäßig der Kaufpreis den Ausgangspunkt zur Ermittlung des Gegenstandswerts dar. Nach § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG i.V.m. § 98 Abs. 1 GNotKG beträgt der Verfahrenswert die Hälfte dieses Betrages.
OLG Jena, Beschl. v. 5.12.2019 – 1 UF 328/19
1 Sachverhalt
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob ein Grundstücksgeschäft des Antragstellers dem Einwilligungsvorbehalt des § 1365 Abs. 1 BGB unterliegt.
Mit notariellem Kaufvertrag verkaufte der Antragsteller ein in seinem Alleineigentum stehendes Grundstück sowie seinen hälftigen Miteigentumsanteil an einem anderen Grundstück. Ausweislich der Kaufvertragsurkunde war dem Erwerber dabei bekannt, dass zwischen den hiesigen Beteiligten streitig ist, ob der Grundstücksverkauf § 1365 BGB unterfällt. Als Kaufpreis wurden 360.000,00 EUR vereinbart.
Im hiesigen Verfahren hatte der Antragsteller zunächst beantragt, die fehlende Zustimmung der Antragsgegnerin zu dem notariellen Vertrag zu ersetzen.
Zuletzt hat der Antragsteller beantragt, die fehlende Zustimmung der Antragsgegnerin zu dem vom Antragsteller bereits beurkundeten Vertrages zu ersetzen.
Hilfsweise hat der Antragsteller beantragt festzustellen, dass der beurkundete Vertrag der Genehmigung der Antragstellerin gem. § 1365 BGB nicht bedürfe.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die beiden Anträge zurückzuweisen.
Das FamG hat auf den hilfsweisen Antrag des Antragstellers hin festgestellt, dass der notarielle Vertrag keiner Genehmigung durch die Antragstellerin nach § 1365 BGB bedürfe.
2 Aus den Gründen
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach § 36 Abs. 1 FamGKG.
a) Das FamGKG kommt im vorliegenden Fall zur Anwendung. Bei Verfahren, in denen es um die Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB geht, handelt es sich um eine Familiensache i.S.d. § 1 Abs. 1 FamGKG. Es liegt keine Familienstreitsache vor. Nach § 112 Nr. 2 FamFG gelten zwar Güterrechtssachen i.S.d. § 261 Abs. 1 FamFG als Familienstreitsachen, jedoch sind die Verfahren nach § 1365 Abs. 2 BGB nicht in § 261 Abs. 1 FamFG genannt. Vielmehr benennt sie § 261 Abs. 2 FamFG als Güterrechtssachen. Da der Gesetzgeber in § 112 Nr. 2 FamFG aber nur auf § 261 Abs. 1 FamFG Bezug nimmt, sind die Fälle des § 1365 Abs. 2 BGB keine Familienstreitsachen, sondern Güterrechtssachen i.S.d. § 111 Nr. 9 FamFG.
b) Nach § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG bemisst sich der Verfahrenswert nach dem Wert des zugrunde liegenden Geschäfts, wenn in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit Gegenstand des Verfahrens die Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung ist. § 36 Abs. 1 FamGKG findet bei Anträgen nach § 1365 Abs. 2 BGB Anwendung (Schiefer, in: jurisPK-BGB, 9. Aufl., 2020, § 1365 BGB Rn 72; Schmidt, in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, Kostenrechtl. Hinw. zu § 1365 BGB, Rn 3 f.; Dürbeck, in: BeckOK Streitwert, 29. Edition, "Familienrecht – Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung" Rn 2). § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG ordnet die entsprechende Geltung von § 38 GNotKG an. Nach dessen S. 1 werden Verbindlichkeiten, die auf einer Sache oder auf einem Recht lasten, bei Ermittlung des Geschäftswerts nicht abgezogen, sofern nichts anderes bestimmt ist.
Der zwischen dem Antragsteller und dem Erwerber vereinbarte Kaufpreis beträgt 360.000,00 EUR. Dieser Betrag ist Ausgangspunkt für die Berechnung des Verfahrenswerts im hiesigen Beschwerdeverfahren. Denn nach § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG finden auch die Vorschriften des GNotKG über die für eine Beurkundung geltenden besonderen Geschäftswert- und Bewertungsvorschriften entsprechende Anwendung. Damit kommt hier auch § 47 GNotKG – Wert der Sache bei Kauf – zum Tragen. So gilt regelmäßig der Kaufpreis als Gegenstandswert (Schmidt, in: jurisPK-BGB, 9. Aufl., 2020, Kostenrechtl. Hinw. zu § 1365 BGB, Rn 4).
c) Anders, als die Antragsgegnerin meint, kommt auch nicht ein Abschlag in Betracht, weil der angefochtene Beschluss des FamG auf den Hilfsantrag hin lediglich eine Feststellung ausgesprochen hat. In § 36 Abs. 1 FamGKG sieht eine solche Möglichkeit nicht vor.
d) Unzutreffend ist auch die Annahme der Antragsgegnerin, der Senat würde durch die Anwendung des § 36 Abs. 1 FamGKG von der Rspr. des OLG Frankfurt abweichen. Das OLG Frankfurt hat in seinem Beschl. v. 29.3.2018 – 5 WF 16/18, NJW-RR 2018, 838 [= AGS 2018, 233]) seine bisherige Linie geändert und greift statt auf § 36 FamGKG auf § 42 Abs. 1 FamGKG zurück. Diese Entscheidung betrifft aber keinen Fall des § 1365 BGB. Vielmehr verlangte in der dortigen Konstellation ein Ehegatte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung von dem anderen Ehegatten die Zustimmung zu einer Veräußerung der im gemeinsamen Miteigentum stehenden Immobilie. Es ging mithin um einen Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung. Unter Hinweis auf Dürbeck, in: BeckOK Streitwert, "Familienrecht – Willenserklärung" Rn 1, wendet das OLG Frankfurt ...