I. Fragen
1. Fall 1
Der Kläger hat beim zuständigen LG Berlin Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, mindestens jedoch Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 20.000,00 EUR erhoben. Nach einem Streitwert von 20.000.00 EUR hat der Kläger eine 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV i.H.v. 1.146,00 EUR an die Gerichtskasse gezahlt. Das LG hat nach streitiger mündlicher Verhandlung die Klage durch Urteil abgewiesen und durch gesonderten Beschluss den Streitwert auf 50.000,00 EUR festgesetzt. Hieraufhin hat der Kostenbeamte des LG Berlin gegen den Kläger als Antragsteller der Instanz (s. § 22 Abs. 1 GKG) und auch als Entscheidungsschuldner (s. § 29 Nr. 1 GKG) eine 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV i.H.v. 1.803,00 EUR angesetzt und hiervon den vom Kläger bereits gezahlten Betrag von 1.146,00 EUR abgezogen. Den Restbetrag i.H.v. 657,00 EUR hat der Kostenbeamte gegen den Kläger ins Soll gestellt.
Der Kläger ist der Meinung, die Gerichtskosten seien überhöht, weil sie nach einem zu hohen Streitwert berechnet worden seien; richtig sei ein Streitwert i.H.v. 20.000,00 EUR. Der Kläger bittet deshalb seinen Prozessbevollmächtigten, gegen die seiner Auffassung nach überhöhten Gerichtskosten vorzugehen.
Was hat der Klägervertreter zu veranlassen?
2. Fall 2
Rechtsanwalt K hat von dem Kläger A den Auftrag erhalten, eine Werklohnforderung i.H.v. 10.000,00 EUR gegen B einzuklagen. Nach Erhalt des Prozessauftrags schickt Rechtsanwalt K dem B eine Aufforderung, den Betrag zur Vermeidung der Klageerhebung binnen zweier Wochen zu zahlen. Für B meldet sich hieraufhin bei Rechtsanwalt K telefonisch der Rechtsanwalt X. In dem Telefongespräch führen die beiden Rechtsanwälte Verhandlungen zur Vermeidung des Rechtsstreits, die erfolglos bleiben. Rechtsanwalt K erhebt hieraufhin auftragsgemäß gegen B Zahlungsklage. Zu dem vom Gericht angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheinen trotz ordnungsgemäßer Ladung weder der Beklagte B selbst noch sein Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt X. Der in dem Termin erschienene Rechtsanwalt K beantragt lediglich den Erlass eines Versäumnisurteils gegen B, das antragsgemäß ergeht. Gegen dieses Versäumnisurteil wird kein Einspruch eingelegt.
Welche außergerichtlichen Kosten wird Rechtsanwalt K aufgrund der im Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergangenen Kostenentscheidung zur Kostenfestsetzung nach den §§ 103, 104 ZPO anmelden?
II. Lösungen
1. Lösung zu Fall 1
I. Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG
Rechtsanwalt K kommt zunächst der Gedanke, gegen den Gerichtskostenansatz Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG einzulegen und zur Begründung vorzutragen, der vom Kostenbeamten zugrunde gelegte Streitwert sei überhöht. Dies ist jedoch nur dann der richtige Weg, wenn keine gerichtliche Streitwertfestsetzung vorliegt. Hat das Prozessgericht jedoch – wie hier – den Streitwert bereits festgesetzt, ist der Kostenbeamte an diese Festsetzung gebunden. Folglich kann der Kostenbeamte in diesem Fall die Richtigkeit der gerichtlichen Streitwertfestsetzung nicht überprüfen. Er kann deshalb auch auf eine Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz einer Berechnung keinen von der gerichtlichen Streitwertfestsetzung abweichenden Streitwert zugrunde legen.
II. Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG
Deshalb hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die gerichtliche Streitwertfestsetzung gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG Beschwerde einzulegen. Der Beschwerdewert übersteigt auch – wie es § 68 Abs. 1 S. 1 GKG erfordert – 200,00 EUR. Der Kläger wendet sich nämlich gegen die Nachforderung i.H.v. 657,00 EUR. Rechtsanwalt K muss ferner darauf achten, dass er die Streitwertbeschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 3 GKG innerhalb einer Frist von sechs Monaten und – höchstens – drei Tagen nach formlosem Zugang bzw. einer Frist von sechs Monaten nach förmlicher Zustellung des Streitwertfestsetzungsbeschlusses (s. § 68 Abs. 1 S. 4 GKG) einlegt. Bei Einlegung der Beschwerde muss der Rechtsanwalt klarstellen, dass er diese im Namen des Klägers und nicht etwa in seinem eigenen Namen einlegt. Der Rechtsanwalt ist zwar gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG berechtigt, die Streitwertbeschwerde im eigenen Namen einzulegen. Eine Streitwertbeschwerde des Rechtsanwalts, die auf eine Herabsetzung des Streitwertes gerichtet ist, ist jedoch im Regelfall unzulässig, weil sich im Erfolgsfalle der Beschwerde die Anwaltsgebühren nach einem niedrigeren Gegenstandswert berechnen.
III. Verfahren nach erfolgreicher Streitwertbeschwerde
Hat die Streitwertbeschwerde Erfolg und setzt das Gericht den Streitwert – wie vom Kläger begehrt – auf 20.000,00 EUR herab, braucht der Rechtsanwalt nichts weiter zu veranlassen. Der Kostenbeamte hat nämlich gem. § 29 Abs. 1 KostVfg eine neue Kostenrechnung zu erstellen und dieser den nunmehr geänderten Streitwert zugrunde zu legen. In diesem Gerichtskostenansatz wird der Kostenbeamte eine 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV i.H.v. 1.146,00 EUR gegen den Kläger ansetzen, die von diesem vollständig bezahlt worden sind. Den Kostenansatz über die weiteren 657,00 EUR hat der Kostenbeamte im Soll zu löschen, sodass die Gerichtskasse/Justizbeitreibungsstelle gegen den ...