1. Umfang des Vergütungsanspruchs
Gem. § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Umfang des dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zustehenden Vergütungsanspruchs nach den Beschlüssen, durch die die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Damit ist nach den Ausführungen des LSG München der Vergütungsanspruch nach Grund und Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig. Die Entscheidung des Prozessgerichts über den Umfang der Bewilligung von PKH und der Beiordnung sei für das gesamte Festsetzungsverfahren vorgreiflich und bindend. Dies habe zur Folge, dass eine inhaltliche Überprüfung und Korrektur dieser Entscheidung durch das für die Festsetzung zuständige Gericht nicht möglich sei (so auch LSG Darmstadt AGS 2016, 197).
2. Zeitlicher Umfang
Sodann hat sich das LSG München mit dem zeitlichen Umfang der Beiordnung befasst. Soweit in einem Verfahren Wertgebühren gem. § 2 RVG entstehen, werde der Beiordnungsbeschluss mit der Bekanntmachung an den beigeordneten Rechtsanwalt wirksam, sofern keine Rückwirkung angeordnet oder sonst erkennbar gewollt sei. Demgegenüber habe der Gesetzgeber für die Vergütung in Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit eine abweichende Regelung getroffen. In Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, erstrecke sich nämlich die Beiordnung gem. § 48 Abs. 4 S. 1 RVG auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der PKH, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt sei. Wenn der PKH-Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss keine ausdrückliche Bestimmung zum Umfang der Beiordnung enthalte, wirke sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück. Vorliegend hatte jedoch das SG Landshut in seinem Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss vom 24.6.2016 einen abweichenden Zeitpunkt bestimmt und angeordnet, dass dem Kläger PKH unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten erst ab dem 17.6.2016 bewilligt werde.
Dies hat nach den Ausführungen des LSG München zur Folge, dass sich die Beiordnung nur auf die Tätigkeiten ab diesem Zeitpunkt erstreckt. Diese zeitliche Begrenzung gelte auch für den Auslagenersatz. Somit sei der beigeordnete Rechtsanwalt bei der Berechnung der von der Beiordnung erfassten Teile der Gebühren und Auslagen so zu stellen, als ob der das Verfahren von vornherein nur im Umfang der Beiordnung – hier also ab dem 17.6.2016 – geführt habe. Da der Rechtsanwalt die Fotokopien im Rahmen der Akteneinsicht bereits im Juli 2015 und damit weit vor dem 17.6.2016 gefertigt habe, sei der Auslagenersatz für die nach Nr. 7000 Nr. 1a) VV zu berechnende Dokumentenpauschale von der PKH-Bewilligung nicht umfasst.
3. Keine rückwirkende Erstreckung
Das LSG München ist der Auffassung des SG Landshut nicht gefolgt, die Fertigung der Fotokopien werde von der in § 48 Abs. 4 S. 2 RVG geregelten Erstreckung der Beiordnung erfasst. Das LSG München hat darauf hingewiesen, dass sich nach dieser Vorschrift die Beiordnung ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die PKH einschließlich der vorbereitenden Tätigkeiten erstrecke. Diese Regelung sei durch das 2. KostRMoG eingefügt worden, damit bei der Bemessung der dem beigeordneten Rechtsanwalt zustehenden Betragsrahmengebühr auch die Tätigkeiten mit erfasst werden, die in diesem Rechtszug bereits vor dem Antrag auf Bewilligung von PKH erbracht worden seien. Hierzu hat das LSG München auf die Gesetzesmaterialien zum 2. KostRMoG (BT-Drucks 17/11471, 270) verwiesen, wo es auszugsweise heißt:
Zitat
"Wird der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleichzeitig mit der Einreichung der Klage gestellt, dient die Fertigung der Klageschrift auch der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags und ist daher bei der Bemessung der Gebühr zu berücksichtigen."
Hier geht es jedoch nach den weiteren Ausführungen des LSG München um die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Nr. 1a) VV, bei der es sich nicht um eine Betragsrahmengebühr handele, deren Höhe nach § 48 Abs. 4 S. 2 RVG unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Tätigkeiten im Verfahren über die PKH bestimmt werde. Vielmehr gehe es um einen konkreten Auslagenersatz für notwendig angefertigte Kopien und Ausdrucke. Diese seien nur dann im Rahmen der PKH aus der Staatskasse zu vergüten, wenn die Kopien ab dem im PKH-Bewilligungsbescheid genannten Zeitpunkt der Beiordnung gefertigt worden seien und damit der Auslagenersatzanspruch erstmals oder neu entstehe (so auch LSG Darmstadt, Beschl. v. 17.6.2019 – L 2 AS 241/18 B; a.A. LSG Halle (Saale), Beschl. v. 30.3.2020 – L 3 R 319/18 B).
Vergleichbares gilt nach den weiteren Ausführungen des LSG München auch für Gebühren. Die Erstreckung nach § 48 Abs. 4 S. 2 RVG gelte nur, wenn die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts auch nach der Beiordnung erfolgt sei. Demgegenüber seien Gebühren, die nur vor der Beiordnung angefallen seien, aus der Staatskasse nicht zu vergüten. Dies gelte dann auch für die verfahrensgegenständliche Dokumentenpauschale, da der Rechtsanwalt die Fotokopien anlässlich der Akteneinsicht im Ju...