ZPO § 91; GKG-KostVerz. Nr. 9003; RVG VV Nrn. 7000 ff.
Leitsatz
- Die Kosten einer Strafanzeige gegen einen nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten sind keinesfalls Kosten des Rechtsstreits und können daher auch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden (§§ 91, 103 ff. ZPO).
- Die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. gehört nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts. Sie gehört weder zu den Portokosten noch ist sie ein Entgelt für Post- und Telekommunikationsleistungen.
- Die vom Prozessbevollmächtigten aufgewendete Aktenversendungspauschale ist als notwendig zu erstatten, wenn die prozessuale Lage unübersichtlich geworden ist, sodass es die anwaltliche Vorsicht gebietet, den Verfahrensstand im Wege der Akteneinsicht zu überprüfen.
KG, Beschl. v. 11.8.2008–2 W 39/08
1 Sachverhalt
Der Verfügungskläger nahm die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung einer bestimmten Fernsehberichterstattung in Anspruch. Nachdem das LG die Verfügungsbeklagte nur eingeschränkt verurteilt hatte, verurteilte das KG die Verfügungsbeklagte im beantragten Umfang. Von den Kosten der ersten Instanz sollten der Verfügungskläger 1/10 und die Verfügungsbeklagte 9/10 tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz wurden der Verfügungsbeklagten auferlegt.
Die Parteien haben die Ausgleichung der Kosten und deren Festsetzung beantragt, wobei der Verfügungskläger u.a. die Kosten für fünf Strafanzeigen in Höhe von insgesamt 943,75 EUR angemeldet hat, die ihm dadurch entstanden sind, dass er die Zeugen der Gegenseite wegen des Verdachtes falscher eidesstattlicher Versicherungen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG die Kosten festgesetzt, dabei aber die Kosten der Strafanzeigen unberücksichtigt gelassen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers, mit der er zusätzlich die Berücksichtigung von 12,00 EUR für die Akteneinsicht der Gegenseite rügt.
2 Aus den Gründen
Der Senat war befugt, in der Sache selbst zu entscheiden. Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft, weil diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen worden ist. Sie hätte durch Beschluss ergehen müssen, was ganz herrschender Rechtsmeinung entspricht (OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 572 ZPO Rn 10). Dieser Auffassung folgt der Senat in ständiger Rspr. (vgl. Beschl. v. 6.9.2007–2 W 147/07 – und RVGreport 2008, 69). Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Das Beschwerdegericht ist auch bei einem derartigen Mangel zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt (OLG Stuttgart a.a.O.).
Das LG hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Kosten für die Strafanzeigen festzusetzen. Es kann dahingestellt bleiben, ob Vorbereitungskosten, die dadurch entstanden sind, dass die obsiegende Partei gegen ihren Prozessgegner ein Ermittlungsverfahren anregt, im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden können (bejahend: OLG Saarbrücken OLGR 1998, 136; KG AnwBl 1983, 563; OLG Bamberg JurBüro 2003, 145; LG Frankfurt MDR 1982, 759; verneinend: OLG Koblenz NJW 2006, 1072). Dies erscheint insoweit als fraglich, als diese Kosten nicht unmittelbar in dem Prozessrechtsverhältnis der Parteien begründet sind und das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eine völlig andere Zielsetzung, nämlich gegebenenfalls die Verwirklichung des Strafanspruchs des Staates verfolgt. Auch erscheint es zumutbar, dass die Partei die gebotene Sachaufklärung grundsätzlich dem anstehenden Zivilprozess überlässt (OLG Koblenz a.a.O.).
Hierauf kam es im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren aber schon deshalb nicht an, weil jedenfalls die Kosten einer Strafanzeige gegen einen nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten keinesfalls Kosten des Rechtsstreits sind und daher auch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden können. Hier sind die Kosten, die der Verfügungskläger geltend macht, dadurch entstanden, dass er gegen die Zeugen, deren eidesstattliche Versicherungen die Verfügungsbeklagte im Verfahren eingeführt hat, wegen des Verdachtes der Abgabe einer unrichtigen eidesstattlichen Versicherung Strafanzeige gestellt hat. Diese Kosten sind damit primär im Verhältnis zu den einzelnen Zeugen entstanden. Unter Umständen steht dem Verfügungskläger gegen diese – so denn die Erklärungen unrichtig waren – ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch zu. Zwar hat die Verfügungsbeklagte diese vermeintlich unrichtigen eidesstattlichen Versicherungen in das Verfahren eingeführt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass ihr die Unrichtigkeit, so sie denn gegeben war, auch bekannt war. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass gegen sie ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch begründet sein könnte. Dies gilt auch für die Strafanzeige gegen den Zeugen A., dessen Verhalten sich die Verfügungsbeklagte auch nur bedingt zurechnen lassen muss, zumal er nur freier Mitarbe...