GKG § 42 Abs. 4 S. 1; RVG § 33 Abs. 3
Leitsatz
- Die Regelung des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG findet auf Ausbildungsverhältnisse entsprechende Anwendung. Daraus folgt, dass sich auch im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in typisierender Betrachtungsweise nach dem Bestand des Ausbildungsverhältnisses richtet und bei dessen Bestand von bis zu sechs Monaten grundsätzlich einen Bruttomonatsverdienst beträgt, bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten zwei Monatsverdienste und bei einem Bestand von mehr als zwölf Monaten drei Monatsverdienste.
- Wird in einem Verfahren die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen angegriffen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen wurden und denen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde liegt, so ist grundsätzlich die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Ausbildungsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten; jede weitere Kündigung ist nicht gegenstandswerterhöhend.
LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 25.7.2008–1 Ta 140/08
1 Sachverhalt
Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren.
Die Klägerin und die Beklagte schlossen einen Ausbildungsvertrag, der eine einjährige Ausbildungsdauer für die Zeit vom 1.10.2007 bis zum 30.9.2008 vorsah sowie eine Probezeit für die ersten drei Monate beinhaltete. Gem. § 10a des Ausbildungsvertrages kann dieser während der Probezeit von beiden Vertragsteilen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.
Mit ihrer Klageschrift wendete sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung vom 3.12.2007. Außerdem hat sie in der Klageschrift einen allgemeinen Feststellungsantrag erhoben. Da die Klägerin die Kündigung vom 3.12.2007 unter Hinweis auf eine nicht vorgelegte Vollmachtsurkunde gem. § 174 BGB zurückgewiesen hatte, kündigte die Beklagte vorsorglich mit Schreiben vom 27.12.2007 das Ausbildungsverhältnis erneut. Das Verfahren endete durch Vergleich.
Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das ArbG den Kündigungsschutzantrag hinsichtlich der ersten Kündigung sowie den die zweite Kündigung erfassenden allgemeinen Feststellungsantrag mit insgesamt einem Bruttomonatsgehalt der Klägerin in Höhe von 662,93 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert mit drei Bruttomonatsgehältern (= 1.988,79 EUR) zu bewerten. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, gem. § 12 Abs. 7 ArbGG sei als Regelstreitwert bei einer Kündigung grundsätzlich ein Vierteljahresbezug anzusetzen. Eine niedrigere Bewertung komme nur dann in Betracht, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für weniger als drei Monate umstritten sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Dagegen spiele keine Rolle, wie lange das Arbeitsverhältnis im Kündigungszeitpunkt bereits bestanden habe, sondern es komme vielmehr darauf an, für welchen Zeitraum ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begehrt werde.
Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem LAG zur Entscheidung vorgelegt. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das ArbG hat den Gegenstandswert richtig festgesetzt.
Gem. § 42 Abs. 4 S. 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Dabei enthält diese Norm nach der Rspr. des BAG (Urt. v. 30.11.1984, NZA 1985, 369 ff. zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.) sowie der ständigen Rspr. der für Streitwert- und Gegenstandswertbeschwerden zuständigen 1. Kammer des LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.11.2007–1 Ta 249/07; Beschl. v. 18.7.2007–1 Ta 207/07) keinen Regelstreitwert. Vielmehr bildet er die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist hierbei in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich auf einen Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich auf zwei Monatsverdienste und ab einem Bestand von mehr als zwölf Monaten auf drei Monatsverdienste festzusetzen. Maßgeblich ist somit die Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses im Kündigungszeitpunkt und nicht die nach einer Kündigung bzw. ohne eine solche noch zu erwartende Fortbestandsdauer des Arbeitsverhältnisses.
Auf diese Grundsätze konnte vorliegend zurückgegriffen werden, da die Regelung des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG nicht nur auf Arbeit, sondern auch auf Ausbildungsverhältnisse Anwendung findet (vgl. BAG, Beschl. v. 22.5.1984, AP Nr. 7 zu § 12 ArbGG 1979 noch zu § 12 Abs. 7 ArbGG; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.10.2007–1 Ta 217/07; Hessisches LAG, Beschl. v. 20.6.1984–6 Ta 156/84). Danach war vorliegend von einer Bruttomon...