FGG § 5; BerHG § 4 Abs. 1 S. 1; RVG § 55 Abs. 4

Leitsatz

Über die Anträge auf Beratungshilfe sowie auf Vergütungsfestsetzung des Verfahrensbevollmächtigten hat dasjenige AG zu entscheiden, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen Gerichtsstand im Zeitpunkt des Eingangs der Anträge bei Gericht hat.

OLG Hamm, Beschl. v. 13.5.2008–15 Sbd 11/08

1 Aus den Gründen

Der Senat ist nach den §§ 5 BerHG, 5 Abs. 1 S. 1 FGG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufen. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor. Zwischen den beteiligten AG Unna und Menden besteht Streit darüber, welches der beiden Gerichte zur Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe sowie den Vergütungsfestsetzungsantrag örtlich zuständig ist. Für die beiden Gerichte ist das OLG Hamm das gemeinschaftliche obere Gericht, da sie zu verschiedenen Landgerichtsbezirken gehören.

In der Sache hat der Senat das AG Unna als örtlich zuständiges Gericht bestimmt. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG entscheidet über den Antrag auf Beratungshilfe dasjenige AG, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand, also seinen Wohnsitz (§§ 13 ZPO, 7 BGB), hat. Dieselbe Zuständigkeit gilt nach § 55 Abs. 4 RVG für den Antrag auf Vergütungsfestsetzung des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten. Der Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG regelt nicht ausdrücklich, wie zu verfahren ist, wenn der Rechtsuchende nach der Inanspruchnahme von Beratungshilfe seinen Wohnsitz gewechselt hat. Der Senat hat durch Beschl. v. 10.1.1995 (Rpfleger 1995, 365) sowie 7.12.1998 (AnwBl 2000, 78) entschieden, dass bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf den Wohnsitz des Antragstellers bei Auftreten des Bedürfnisses der Beratungshilfe abzustellen ist. Begründet hat er dies einerseits mit der durch § 133 S. 3 BRAGO (eingeführt durch Art. 7 KostRÄndG 1994 vom 24.6.1995 (BGBl I, S. 1325) beabsichtigten Zuständigkeitskonzentration am Wohnsitzgericht des Rechtsuchenden und zum anderen mit der bestehenden Missbrauchsgefahr.

Der Senat hält an dieser Rspr. nicht länger fest und schließt sich der in der Rspr. anderer Obergerichte (BayObLG JurBüro 1995, 366; OLG Zweibrücken JurBüro 1998, 197) vertretenen gegenteiligen Auffassung an, die maßgeblich auf den Wohnsitz des Rechtsuchenden im Zeitpunkt des Eingangs seines Antrags bei Gericht abstellt. Nach erneuter Überprüfung kann sich der Senat der Argumentation in den genannten Entscheidungen nicht verschließen, mit der hervorgehoben wird, der Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG gebe keinen tragfähigen Anhaltspunkt dafür, dass von dem in gerichtlichen Verfahrensordnungen allgemein geltenden Grundsatz, dass zuständigkeitsbegründend die tatsächlichen Umstände zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung sind, abgewichen werden soll, zumal S. 2 der Vorschrift nur für einen hier nicht einschlägigen Sonderfall (fehlender inländischer allgemeiner Gerichtsstand des Ast.) eine solche abweichende Regelung ausdrücklich trifft. Die Abwehr möglicher Missbräuche durch eine mehrfache Inanspruchnahme von Beratungshilfe (§ 7 BerHG) wird nicht wesentlich dadurch erschwert, dass ein Wohnsitzwechsel zugleich zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines anderen AG führt. Denn der Wohnsitzwechsel ist regelmäßig aus den Antragsunterlagen ersichtlich und kann, wenn Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der von dem Antragsteller nach § 7 BerHG abzugebenden Versicherung besteht, zum Anlass einer Rückfrage bei dem für den bisherigen Wohnsitz des Antragstellers zuständigen AG genommen werden. Ziel des Wechsels der Auffassung des Senats ist ausdrücklich auch die Vereinheitlichung der Rspr. und die Vereinfachung der Anwendung der zuständigkeitsbegründenden gesetzlichen Vorschrift.

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