Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit nach § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG bei Wohnsitzwechsel des Antragstellers

 

Normenkette

BerHG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Hohenschönhausen (Beschluss vom 07.07.2008; Aktenzeichen 70 II RB 3751/07)

AG Fürstenwalde (Aktenzeichen 8 II 775/07)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das AG Fürstenwalde.

 

Gründe

Das AG Fürstenwalde ist gem. § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG für den am 16.10.2007 beim AG Hohenschönhausen eingegangenen Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe örtlich zuständig, weil der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 13 ZPO) spätestens seit August 2007 im Bezirk des AG Fürstenwalde hat. Maßgebend für die Zuständigkeit nach § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG ist der allgemeine Gerichtsstand des Antragstellers zum Zeitpunkt des Antragseingangs - auch dann, wenn Beratungshilfe erst nachträglich (§ 7 BerHG) beantragt wird (BayObLG, JurBüro 1995, 366 f.; Beschl. v. 14.1.1998 - 3Z AR 103/97; OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1075 f.; OLG Köln, AGS 2001, 258 f.; a.A. OLG Hamm MDR 1995, 636 f.; AnwBl. 2000, 58, das die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz zum Zeitpunkt des Auftretens des Bedürfnisses für Beratungshilfe bestimmt). Das Gesetz stellt auf den Antrag ab, über den das AG zu entscheiden hat. Es entspricht allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, dass es insoweit auf den Zeitpunkt des Antragseingangs ankommt. Der Eingang des Antrags auf Bewilligung von Beratungshilfe ist der Klageerhebung im Zivilprozess vergleichbar (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).

Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/7009, S. 6) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung. Wenn der Gesetzgeber bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG auf den Wohnsitz des Antragstellers bei Auftreten des Bedürfnisses für Beratungshilfe hätte abstellen wollen, hätte sich eine Satz 2 der Vorschrift entsprechende Formulierung angeboten. Auch die angestrebte Vermeidung von Missbräuchen rechtfertigt die vom OLG Hamm befürwortete Auslegung nicht. Zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, dass in derselben Angelegenheit ein Beratungshilfebedürfnis für unterschiedliche Zeitpunkte geltend gemacht wird. Zum anderen erscheint es fern liegend, dass ein Rechtssuchender nach der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts i.S.v. § 7 BerHG seinen Wohnsitz zur Ermöglichung von Doppelanträgen wechselt.

Über den Vergütungsfestsetzungsantrag vom 6.9.2007 hat gem. § 55 Abs. 4 RVG ebenfalls das AG Fürstenwalde zu entscheiden.

Die Abweichung von der Rechtsprechung des OLG Hamm gebietet eine Vorlage an den BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG i.V.m. § 5 BerHG nicht, da die Entscheidung im Verfahren nach § 5 FGG und nicht im Verfahren der weiteren Beschwerde ergeht (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O., S. 1076).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2063373

FGPrax 2009, 92

JurBüro 2008, 656

ZAP 2009, 778

Rpfleger 2009, 36

RENOpraxis 2009, 191

RVGreport 2009, 155

OLGR-Ost 2009, 24

RENO 2009, 242

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?