RVG 7 Abs. 1; RVG VV Nr. 1008; ZPO §§ 114 ff.
Leitsatz
Ist nur einem von mehreren Streitgenossen, die durch denselben Anwalt vertreten werden, Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so ist dem beigeordneten Anwalt aus der Landeskasse die volle Vergütung zu zahlen, die sich bei Vertetung nur dieses Streitgenossen ergeben hätte.
AG Mosbach, Beschl. v. 9.2.2010–2 C 276/09
Sachverhalt
Die Beklagten zu 1) und 2) sind vom Erinnerungsführer in einem Mietprozess anwaltlich vertreten worden. Für diesen Rechtsstreit wurde nur der Beklagten zu 1) ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers gewahrt. Anstelle der angemeldeten Gebühren ist aus der Landeskasse lediglich eine zu zahlende Vergütung in Höhe von 184,09 EUR festgesetzt worden. Der Rechtspfleger hat hierbei nur die "Erhöhungsgebühr" Nr. 1008 VV zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer (unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH, abgelichtet in Rpfleger 1993, 452), berücksichtigt.
Dagegen wendet sich der Erinnerungsführer und trägt vor, die vom AG zitierte BGH-Entscheidung besage nur, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf die Erhöhungsgebühr beschränkt werden könne. Im Anschluss hieran habe das OLG Zweibrücken jedoch völlig zutreffend entschieden, dass dem Anwalt der bedürftigen Partei die gesamten Prozesskostenhilfegebühren zu erstatten seien, wenn die Prozesskostenhilfe ohne Einschränkung bewilligt worden ware.
Im Übrigen hätte auch für den Beklagten zu 2) Prozesskostenhilfe beantragt werden sollen, wozu es jedoch versehentlich nicht gekommen sei. Folglich würde die beabsichtigte Reduzierung dazu führen, dass die gesamte diesseitige Tätigkeit in dieser Sache mit einer Gebühr in Höhe von 100,00 EUR abgegolten werde.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Akten dem LG zur Entscheidung vorgelegt. Das LG hat den Vorlagebeschluss aufgehoben und die Entscheidung über die Erinnerung an das AG zurückgegeben.
Aus den Gründen
Das Gericht schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Die Überlegungen, die bei der Erwägung anzustellen sind, ob und in welchem Umfang einer Partei Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, können keine Rolle mehr spielen, wenn PKH einmal uneingeschränkt bewilligt worden ist. Die ohne Einschränkung erfolgte Gewährung von Prozesskostenhilfe im Festsetzungsverfahren nachträglich auf die Erhöhungsgebühr zu beschränken, würde zu Rechtsfolgen führen, die das Gesetz nicht vorgesehen hat, und dem Gebot des Vertrauensschutzes widersprechen. Es ist für die Partei bei uneingeschränkter Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorhersehbar, dass sie dann im Festsetzungsverfahren in ihren Ansprüchen gegen die Staatskasse eingeschränkt wird. Auch die mittellose Partei, die sich im Vertrauen auf die uneingeschränkte Gewährung von Prozesskostenhilfe auf die Prozessführung eingelassen hat, sieht sich unter Umständen der Inanspruchnahme durch den Rechtsanwalt oder Ausgleichsansprüchen der Streitgenossen in nicht unerheblicher Höhe ausgesetzt. Es hat deshalb im Falle uneingeschränkter Prozesskostenhilfebewilligung – wie vorliegend gegeben – bei der vollen Erstattungspflicht der Staatskasse zu verbleiben.
Aus diesen Gründen war der Erinnerung abzuhelfen.
Mitgeteilt von Rechtsanwälten Frank & Collegen, Mosbach