RVG VV Nr. 3104, Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var.
Leitsatz
Bietet der Anwalt des Beklagten anstellte der geforderten Leistung (hier Abgabe einer Unterlassungserklärung) eine im wesentlichen inhaltsgleiche Leistung an (hier abgemilderte Unterlassungserklärung) und erklärt der Anwalt des Klägers, er werde dies prüfen und, falls damit das Interesse des Klägers erfüllt sei, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären, löst dies eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV aus.
BGH, Beschl. v. 21.1.2010 – I ZB 14/09
Sachverhalt
Der Kläger hatte den Beklagten in einer Wettbewerbssache auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Nachdem ihm die Klage am 8.7.2008 zugestellt worden war, rief der Beklagte am 11.7.2008 in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers an und sprach mit der Rechtsanwältin, die die Sache vertretungsweise bearbeitete. Er verwies zunächst auf eine von ihm verfasste E-Mail an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2008. Die Rechtsanwältin erklärte, dass sich eine E-Mail vom 18.4.2008 nicht bei der Akte befinde. Anschließend erörterte er mit der Rechtsanwältin die Möglichkeiten einer Beendigung des Verfahrens. Die Rechtsanwältin stellte ihm anheim, die Unterlassungserklärung abzugeben und die Abmahnpauschale auszugleichen und erklärte, der Kläger werde dann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Nach diesem Telefonat ging eine E-Mail des Beklagten vom 18.4.2008 mit einer Stellungnahme des Beklagten vom 16.4.2008 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein. Daraufhin erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte stimmte dieser Erledigungserklärung zu.
Das LG hat dem Beklagten gem. § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 20.000,00 EUR festgesetzt. Der Kläger hat die Festsetzung seiner Kosten beantragt und dabei eine 1,2-fache Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV in Höhe von – einschließlich Umsatzsteuer – 922,49 EUR geltend gemacht.
Die Rechtspflegerin beim LG hat die geltend gemachte Terminsgebühr bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Festsetzung der Terminsgebühr weiter.
Die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Festsetzung weiterer 922,49 EUR zugunsten des Klägers.
Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Telefonat des Beklagten mit der Vertreterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers habe eine Terminsgebühr nicht begründet. Die Rechtsanwältin habe dem Beklagten nur die Möglichkeit aufgezeigt, die vom Kläger verlangte Erklärung abzugeben und in Aussicht gestellt, der Kläger werde den Rechtsstreit dann in der Hauptsache für erledigt erklären. Allein die Besprechung der grundsätzlichen Bereitschaft und abstrakten Möglichkeit, die Sache ohne richterliche Entscheidung zu erledigen, lasse nach der Rspr. des BGH die Terminsgebühr nicht entstehen. Mit der Terminsgebühr werde das Bemühen des Anwalts honoriert, das gerichtliche Verfahren möglichst früh sowie der Sach- und Rechtslage entsprechend zu beenden. Das Anheimstellen der Erfüllung und das Aufzeigen einer prozessualen Möglichkeit zur Beendigung des Klageverfahrens sei kein Bemühen um eine Beendigung des Rechtsstreits.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist aufgrund des Telefonats des Beklagten mit der Vertreterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers gem. Nr. 3104 i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3, 3 Var. VV eine 1,2-fache Terminsgebühr aus einem Streitwert von 20.000,00 EUR in Höhe von 922,49 EUR entstanden.
Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung nicht schon die 1,2-fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV auslöst (BGH, Beschl. v. 27.2.2007 – XI ZB 38/05, NJW 2007, 2858 [= AGS 2007, 292]). Vielmehr muss es sich gem. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. 3 VV um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handeln. Das Beschwerdegericht hat jedoch rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen an die Voraussetzungen einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung i.S.d. Bestimmung gestellt und das Entstehen einer Terminsgebühr daher zu Unrecht verneint. Mit der Regelung in Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. 3 VV soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung – auch zur Entlastung der Gerichte – gefördert werden (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks 15/1971, S. 148, 209). Danach ist beispielsweise schon dann von einer Besprechung i.S.d. Vorschrift auszugehen, wenn der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Wei...