RVG VV Nrn. 3102, 3101
Leitsatz
Eine Vorbefassung des Anwalts im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren führt nicht zu einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr im einstweiligen Anordnungsverfahren.
SG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 15.11.2009 – S 14 AS 4038/08 ER
Aus den Gründen
Die Verfahrensgebühr ist hier nach Nr. 3102 VV entstanden. Der Gebührentatbestand ist der Regelfall. Ausnahmsweise ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV mit einem geringeren Gebührenrahmen entstanden, wenn der Prozessbevollmächtigte in einem vorausgegangenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren tätig war und somit seine Tätigkeit für das gerichtliche Verfahren erleichtert wurde. Das Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren geht dem Hauptsacheverfahren voraus, nicht aber dem einstweiligem Rechtsschutzverfahren. Beide Verfahren sind für sich verschiedene Angelegenheiten und völlig getrennt voneinander zu betrachten, § 17 RVG. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist ein Widerspruchsverfahren auch nicht entscheidungserheblich. Oftmals ist das Widerspruchsverfahren auch nur zufällig im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bekannt.
Es mag sein, dass der Rechtsanwalt seine in dem der Hauptsache vorausgegangen Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren erworbenen Kenntnisse für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nutzt, gebührenrechtlich kann sich dies aber immer nur innerhalb derselben Angelegenheit auswirken, nicht aber in einer anderen Angelegenheit, wie hier dem einstweiligem Rechtsschutzverfahren. Die Nr. 3103 VV ist deshalb im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur dann anzuwenden, wenn das behördliche Eilverfahren nach § 86a Abs. 3 SGG dem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorausgegangen ist.
Im Übrigen ist Nr. 3103 VV eine Beschränkung von Nr. 3102 VV. Die Schranken sind in dem Wortlaut der Nr. 3103 VV bestimmt. Der Gesetzeswortlaut kann nur innerhalb dieser Schranken ausgelegt werden und auch nur innerhalb der Angelegenheit, da der Prozessbevollmächtigte seine Gebühren in jeder Angelegenheit erhält, § 15 RVG. Eine großzügige Auslegung der Beschränkung aus der Nr. 3103 VV auf eine andere Angelegenheit wäre eine Rechtsanwendung der Norm außerhalb der Grenzen und damit nicht gesetzeskonform. Nach alldem war hier die regelmäßige Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV, und zwar in Höhe der Mittelgebühr, zu berücksichtigen, da hier von einem durchschnittlichen Verfahren auszugehen war und Einwendungen gegen die Festsetzung der Mittelgebühr nicht erhoben worden sind.