Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Verfahrensgebühr. Nichtanwendbarkeit bzw Anwendbarkeit des verminderten Gebührenrahmens der Nr 3103 RVG-VV
Orientierungssatz
1. Eine Vorbefassung des Rechtsanwalts im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren führt nicht zu einer Ermäßigung der Verfahrensgebühr nach Nr 3103 RVG-VV für einstweilige Rechtsschutzverfahren.
2. Die Nr 3103 RVG-VV ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur dann anzuwenden, wenn das behördliche Eilverfahren nach § 86a Abs 3 SGG dem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren voraus gegangen ist.
Tenor
Auf Grund des Kostenanerkenntnisses vom 09.12.2008 sind von der Antragsgegnerin außergerichtlichen Kosten in Höhe von
321,30 €
- in Buchstaben: dreihunderteinundzwanzig 30/100Euro -
nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2009 an die Antragstellerin zu erstatten.
Gründe
Die Antragstellerin hat am 20.04.2009, hier eingegangen am 22.04.2009, die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten beantragt. Dabei werden die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr sowie Auslagen geltend gemacht.
Die Antragsgegnerin wurde angehört. In den Stellungnahme vom 18.08.2009 und 30.09.2009 hat diese erklärt, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG zu berücksichtigen sei, da die Prozessbevollmächtigte bereits im Widerspruchsverfahren für die Antragstellerin tätig gewesen ist. Insgesamt sei die Mittelgebühr angemessen. Im Übrigen wurden Einwendungen nicht erhoben.
Die Verfahrensgebühr ist hier nach Nr. 3102 VV RVG entstanden. Der Gebührentatbestand ist der Regelfall. Ausnahmsweise ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG mit einem geringeren Gebührenrahmen entstanden, wenn der Prozessbevollmächtigte in einem vorausgegangenen Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren tätig war, und somit seine Tätigkeit für das gerichtliche Verfahren erleichtert wurde. Das Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren geht dem Hauptsacheverfahren voraus, nicht aber dem einstweiligem Rechtsschutzverfahren. Beide Verfahren sind für sich verschiedene Angelegenheiten und völlig getrennt voneinander zu betrachten, § 17 RVG. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist ein Widerspruchsverfahren auch nicht entscheidungserheblich. Oftmals ist das Widerspruchsverfahren auch nur zufällig im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bekannt.
Es mag sein, dass der Rechtsanwalt seine in dem der Hauptsache vorausgegangen Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren erworbenen Kenntnisse für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nutzt, gebührenrechtlich kann sich dies aber immer nur innerhalb derselben Angelegenheit auswirken, nicht aber in einer anderen Angelegenheit, wie hier dem einstweiligem Rechtsschutzverfahren. Die Nr. 3103 VV RVG ist deshalb im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur dann anzuwenden, wenn das behördliche Eilverfahren nach § 86a III SGG dem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorausgegangen ist.
Im Übrigen ist Nr. 3103 eine Beschränkung von Nr. 3102. Die Schranken sind in dem Wortlaut der Nr. 3103 bestimmt. Der Gesetzeswortlaut kann nur innerhalb dieser Schranken ausgelegt werden und auch nur innerhalb der Angelegenheit, da der Prozessbevollmächtigte seine Gebühren in jeder Angelegenheit erhält, § 15 RVG. Eine großzügige Auslegung der Beschränkung aus der Nr. 3103 auf eine andere Angelegenheit, wäre eine Rechtsanwendung der Norm außerhalb der Grenzen und damit nicht gesetzeskonform. Nach alldem war hier die regelmäßige Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG und zwar in Höhe der Mittelgebühr zu berücksichtigen, da hier von einem durchschnittlichen Verfahren auszugehen war und Einwendungen gegen die Festsetzung der Mittelgebühr nicht erhoben worden sind.
Im Einzelnen sind zu erstatten:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 €
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Summe: 270,00 €
Umsatzsteuer (19 %) Nr. 7008 VV RVG 51.30 €
Gesamtbetrag: 321,30 €
Bereits geleistete Zahlungen sind zu berücksichtigen.
Fundstellen