RVG § 11 Abs. 5
Leitsatz
Erhebt der Gebührenschuldner nicht innerhalb einer ihm vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses gesetzten Frist, sondern erst im Beschwerdeverfahren Einwendungen nichtgebührenrechtlicher Art, ist er damit nicht ausgeschlossen. Weder enthält § 11 Abs. 5 RVG eine entsprechende Regelung, noch wäre ein Ausschluss der Einwände mit § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO zu vereinbaren.
LAG Nürnberg, Beschl. v. 18.1.2011 – 7 Ta 160/10
1 Sachverhalt
Die Parteien stritten in der Hauptsache um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und schlossen einen Vergleich. Nachdem der Kläger seine Prozessbevollmächtigten nicht bezahlte, beantragten diese gem. § 11 RVG Vergütungsfestsetzung gegen den Kläger. Diesem wurde Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen zu dem Kostenfestsetzungsantrag Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme erfolgte jedoch nicht. Darauf setzte das ArbG die vom Kläger zu zahlenden Kosten wie beantragt fest. Der Kläger legte gegen den Beschluss Beschwerde ein. Er machte geltend, es bestehe kein Vertrag, der ihn verpflichte, die Anwaltskosten zu tragen. Es sei vereinbart worden, dass sein Vertreter entweder vom Staat bezahlt oder von der Beklagten bezahlt werden sollte. Die Vertreterleistung sei viel weniger gewesen als versprochen. Statt über 10.000,00 EUR netto habe er als Abfindungsgeld nur 2.700,00 EUR bekommen. Eine juristische Hilfe bei Gericht habe er nicht gehabt. Herr B. habe nicht reagiert, als der Richter gesagt habe, er habe kein Recht auf Urlaubsabgeltung. Das ArbG hob daraufhin seinen Kostenfestsetzungsbeschluss auf und wies den Kostenfestsetzungsantrag zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe Einwendungen erhoben, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt seien, weshalb der Antrag auf Festsetzung der Kosten gem. § 11 Abs. 5 RVG zurückzuweisen sei.
Dagegen legten die Klägervertreter sofortige Beschwerde ein. Sie machen geltend, der Kläger habe vor der Kostenfestsetzung Gelegenheit gehabt, Einwendungen vorzubringen. Dies sei nicht erfolgt. Nach der Kostenfestsetzung könnten Einwendungen nicht mehr geltend gemacht werden.
Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zu Recht hat das ArbG den Kostenfestsetzungsbeschluss wieder aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen.
Einem Kostenfestsetzungsbeschluss steht § 11 Abs. 5 RVG entgegen.
Der Kläger hat gegen die von den Klägervertretern beantragte Kostenfestsetzung Einwendungen erhoben, die nicht gebührenrechtlicher Natur sind.
Nicht gebührenrechtlich sind Einwendungen dann, wenn sie sich nicht gegen die Richtigkeit der Gebührenansätze, sondern gegen den Gebührenanspruch als solchen nach Grund oder/und Höhe richtet. Es kommt darauf an, ob sich der Gebührenschuldner auf außerhalb des Gebührenrechts bestehende Vorschriften des allgemeinen, auch für andere Rechtsbeziehungen maßgeblichen Rechts oder auf besondere Abmachungen zwischen dem Rechtsanwalt und ihm, die der beantragten Kostenfestsetzung entgegenstehen, beruft (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Rn 133 zu § 11).
Liegt ein solcher Einwand vor, ist dem Rechtspfleger, da es sich bei dem Verfahren nach § 11 RVG um ein vereinfachtes und formalisiertes Verfahren handelt, das nicht mit der Prüfung komplexer materiellrechtlicher Fragen belastet werden soll, die Bewertung versagt, ob der erhobene Einwand berechtigt ist. Insbesondere ist über die materiell-rechtliche Begründetheit eines außergebührenrechtlichen Einwandes im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden (vgl. OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13.8.2010 – 10 W 40/10). Vielmehr ist in diesem Fall der Antrag auf Festsetzung der Vergütung abzulehnen.
Allerdings sind solche Einwendungen unbeachtlich, die offensichtlich unbegründet, offensichtlich halt- und substanzlos, unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt berechtigt oder aus der Luft gegriffen sind (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 141 zu § 11).
Gemessen an diesen Grundsätzen darf ein Kostenfestsetzungsbeschluss vorliegend nicht ergehen.
Der Kläger macht zum einen geltend, es bestehe kein Vertrag, der ihn verpflichte, die Anwaltskosten zu tragen. Es sei vereinbart worden, dass sein Vertreter entweder vom Staat bezahlt oder von der Beklagten kassiert werden sollte. Die Vertreterleistung sei darüber hinaus viel weniger gewesen als versprochen. Statt über 10.000,00 EUR netto habe er als Abfindungsgeld nur 2.700,00 EUR bekommen. Schließlich habe er eine juristische Hilfe bei Gericht nicht gehabt. Der Anwalt habe nicht reagiert, als der Richter gesagt habe, er habe kein Recht auf Urlaubsabgeltung.
Mit diesen Einwendungen wird ein anwaltliches Verschulden der Antragsteller eingewandt, das geeignet ist, Gegenrechte gegen den Vergütungsanspruch, z.B. einen auf Freistellung von Gebühren aus dem Anwaltsvertrag gerichteten Schadensersatzanspruch gem. §§ 675, 611, 280 BGB, oder den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB zu begründen. Mit seinem Sachvortrag beruft sich der Kläger darauf, die Antragsteller hätten es versäumt, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Zugleich li...