Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Präklusion von Einwendungen im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
Erhebt der Gebührenschuldner nicht innerhalb einer ihm vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses gesetzten Frist, sondern erst im Beschwerdeverfahren Einwendungen nichtgebührenrechtlicher Art, ist er damit nicht ausgeschlossen. Weder enthält § 11 Absatz 5 RVG eine entsprechende Regelung noch wäre ein Ausschluss der Einwände mit § 571 Absatz 2 Satz 1 ZPO zu vereinbaren.
Normenkette
RVG § 11 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Beschluss vom 23.09.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1284/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 23.09.2010 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Parteien stritten in der Hauptsache um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger wurde von der Kanzlei Dr. B. & W. vertreten.
Das Verfahren endete am 10.02.2010 mit einem Vergleich.
Die Klägervertreter beantragten mit Schriftsatz vom 27.04.2010 Kostenfestsetzung gemäß § 11 RVG und machten 1.431,57 EUR geltend.
Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 05.05.2010 Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen zu dem Kostenfestsetzungsantrag Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 09.06.2010 setzte das Arbeitsgericht Würzburg die vom Kläger zu zahlenden Kosten wie beantragt auf 1.431,57 EUR fest.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 12.06.2010 zugestellt.
Der Kläger legte gegen den Beschluss am Montag, den 28.06.2010, Beschwerde ein. Er macht geltend, es bestehe kein Vertrag, der ihn verpflichte, die Anwaltskosten zu tragen. Es sei vereinbart worden, dass sein Vertreter entweder vom Staat bezahlt oder von der Beklagten kassiert werden sollte. Die Vertreterleistung sei viel weniger gewesen als versprochen. Statt über 10.000,00 EUR netto habe er als Abfindungsgeld nur 2.700,00 EUR bekommen. Eine juristische Hilfe bei Gericht habe er nicht gehabt. Herr B. habe nicht reagiert, als der Richter gesagt habe, er habe kein Recht auf Urlaubsabgeltung.
Das Arbeitsgericht Würzburg hob mit Beschluss vom 23.09.2010 seinen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.06.2010 auf und wies den Kostenfestsetzungsantrag zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe Einwendungen erhoben, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt seien, weshalb der Antrag auf Festsetzung der Kosten gemäß § 11 Absatz 5 RVG zurückzuweisen sei.
Der Beschluss wurde den Klägervertretern am 24.09.2010 zugestellt.
Die Klägervertreter legten gegen den Beschluss am 29.09.2010 sofortige Beschwerde ein.
Sie machen geltend, der Kläger habe vor der Kostenfestsetzung Gelegenheit gehabt, Einwendungen vorzubringen. Dies sei nicht erfolgt. Nach der Kostenfestsetzung könnten Einwendungen nicht mehr geltend gemacht werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 11 Absatz 2 Satz 3 RGV iVm § 104 Absatz 3 ZPO, sowie form- und fristgerecht erhoben worden, § 569 ZPO. Der Beschwerdewert ist erreicht.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Würzburg den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.06.2010 wieder aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen.
Einem Kostenfestsetzungsbeschluss steht § 11 Absatz 5 RVG entgegen.
Der Kläger hat gegen die von den Klägervertretern beantragte Kostenfestsetzung Einwendungen erhoben, die nicht gebührenrechtlicher Natur sind.
Nicht gebührenrechtlich sind Einwendungen dann, wenn sie sich nicht gegen die Richtigkeit der Gebührenansätze, sondern gegen den Gebührenanspruch als solchen nach Grund oder/und Höhe richtet. Es kommt darauf an, ob sich der Gebührenschuldner auf außerhalb des Gebührenrechts bestehende Vorschriften des allgemeinen, auch für andere Rechtsbeziehungen maßgeblichen Rechts oder auf besondere Abmachungen zwischen dem Rechtsanwalt und ihm, die der beantragten Kostenfestsetzung entgegenstehen, beruft (vgl. Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage, RdNr. 133 zu § 11).
Liegt ein solcher Einwand vor, ist dem Rechtspfleger, da es sich bei dem Verfahren nach § 11 RVG um ein vereinfachtes und formalisiertes Verfahren handelt, das nicht mit der Prüfung komplexer materiellrechtlicher Fragen belastet werden soll, die Bewertung versagt, ob der erhobene Einwand berechtigt ist. Insbesondere ist über die materiell-rechtliche Begründetheit eines außergebührenrechtlichen Einwandes im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden (vgl. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt – Beschluss vom 13.08.2010 – 10 W 40/10; juris). Vielmehr ist in diesem Fall der Antrag auf Festsetzung der Vergütung abzulehnen.
Allerdings sind solche Einwendungen unbeachtlich, die offensichtlich unbegründet, offensichtlich halt- und substanzlos, unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt berechtigt oder aus der Luft gegriffen sind (vgl. Gerold/Schmidt, aaO, RdNr. 141 zu § 11).
Gemessen an diesen Grundsätzen darf ein Kostenfestsetzungsbeschluss vorliegend nicht ergehen.
Der Kläger macht zum einen geltend, es bestehe kein Vertra...